Heiligabendansprache; Lukas 2,1-20 – 24.Dezember 2015

angels and shepherds

„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Dies ist die aufregende Botschaft, die die Engel den Hirten im Felde in tiefster Nacht verkündigen.Es ist eine Botschaft großer Freude für alles Volk, für alle Welt, nicht nur ein paar auserwählte oder privilegierte Empfänger. Es ist eine frohe Botschaft. Aber natürlich fürchten sich die Hirten erst einmal , als der Engel erscheint. Schließlich ist es mitten in der Nacht, es ist dunkel, es ist stille, und dann, auf einmal, beginnt das Spektakel: Ein Engel! Licht! Die Klarheit des Herrn! Das ist schon ziemlich erschreckend.

Und so sollte es uns nicht überaschen, daß der Engel zunächst diese Worte spricht: “Fürchtet euch nicht!“  Fürchtet euch nicht!

Das klingt zuerst einmal tröstlich und ermutigend, doch ist dies einfacher gesagt als getan, sich nicht zu fürchten. Wie ioften haben wir es versucht, unsere Kinder oder Enkelkinder mit diesen Worten zu beruhigen, z.B. nach einem Schrecken in der Nacht, oder wenn sie sich nicht trauen, etwas neues auszuprobieren und zu wagen. Es ist nicht einfach, Kinder zu überzeugen, daß es nun wirklich nichts zu fürchten gibt.

Und wie oft haben wir  es versucht, uns selbst zu überzeugen, daß es nichts zu fürchten gibt, und dann sind wir doch mit unseren unerklärlichen  Phobien konfrontiert, wie z.B. vor Spinnen, Höhen, oder einengenden Räumen? Oder die Angst, die wir um die haben, die wir liebhaben, oder die Angest vor der Zukunft?

Doch in alledem haben die Worte “Fürchte dich nicht” eine besondere Kraft. Zumindest vergewissern uns diese Worte, daß es da jemanden gibt, der oder die uns beisteht, da wir usn mit den furchterregenden Dingen im Leben auseinandersetzen müssen.

Nun ist es spanned, daß immer dann, wenn in den Geschichten des Evangeliums ein Engel  unter Menschen erscheint, zunächst einmal  “Fürchte dich nicht” sagt, und zwar ohne Ausnahme. Der Engel Gabriel spricht diese Worte zu Maria, als er ihr verkündet, daß sie Jesus, den Heiland, gebären wird. Ein Engel erscheitn dem Josef im Traum und ermahnt ihn, Maria nicht zu verlassen, obwohl das Kind, das sie trägt, nicht von ihm ist, und die ersten Worte des Engels sind: Fürchte dich nicht. Der Engel spricht diese Worte  zu den Hirten in den Feldern. Und wir werden diese Worte wieder am Ostermorgen hören, wenn die Engel den verängstigten Frauen am Grabe verkündigen, daß Jesus auferstanden ist.

Es scheint also, als ist solch eine Engelserscheinung furchteinflößend, und ich denke, das ist auch verständlich. Doch dann hat der Zuruf, Fürchte dich nicht, etwas mit der Botschaft an sich zu tun, die die Engel überbringen.

Denn all diese Engelsbotschaften haben eines gemein: sie reden von Gottes Plan für die ganze Welt, ein Plan, der über unsere begrenzten Erfahrungen weit hinausgeht. Doch was genau ist eigentlich Gottes Plan? Diese Welt und ihre Mächte auf den Kopf zu stellen. Letzten Sonntag gearde hörten wir das Magnifikat, das freudige Siegeslied der Maria über ihr ungeborenes Kind. Und in diesem Lied heißt es ganz klar und deutlich, daß die Mächtigen vom Thron gestoßen und die Reichen leer ausgehen werden; auf der anderen Seite werden die Entmündigten und Armen erhöht werden. Dies ist eine recht gefährliche Botschaft, wenn Sie darüber nachdenken.

Und auch die Botschaft an die Hirten im Felde ist recht gefährlich, sogar bedrohlich für jene, die Macht haben: den sie verkündigt die Geburt eines neuen Königs, und eine neue Herrschaft des Friedens. Man muß schon mutig und beherzt sein, um solch eine Botschaft zu empfangen und dann auch weiterzugeben, wie es die Hirten tun, nachdem sie das Kind in der Krippe gesehen haben. Man muß schon mutig und beherzt sein, um in diese neue Herrschaft des Gottesreiches hineinzuleben. Fürchtet euch nicht!

Nun schallen diese Engelsworte zu uns durch Raum und Zeit: Fürchtet euch nicht!

Ja, dies sind recht beunruhigende und vielleicht auch beängstigende Zeiten. Extremismus ist am erstärken, es gibt immer mehr Gewalt, wir müssen mit ansehen, wie Millionen von Menschen verzeifelt nach einer sicheren Bleibe suchen, da sie durch Krieg oder Konflikt aus ihrer Heimat vertrieben werden. Ja, dies sind recht beunruhigende und vielleicht auch beängstigense Zeiten, da wir nicht wissen, ob der Schaden, den wir diesem Planeten angetan haben, noch geheilt werden kann. Ja, dies sind recht beunruhigende und vielleicht auch beängstigende Zeiten, da wir nicht wissen, was die Zukunft uns bringen wird.

Doch auch in dunklen und ungewissen Zeiten hören wir die tröstlichen und ermutigenden Worte: Fürchtet euch nicht! Und ich, für meinen Teil zieh diese Worte all den Stimmen in diesen Zeiten vor, die uns zu überzeugen versuchen, daß wir uns doch besser fürchten sollen, und vor allem vor den Leuten und den Dingen, die irgendwie anders sind als wir. Furcht wird nicht die Herausforderungen und die Mächte, die uns bedrohen, überwinden können. Furcht wird keine Probleme lösen, ganz im Gegenteil: Furcht führt nur zu mehr Mißtrauen und Unsicherheit. Jemand weises sagte einmal, das Gegenteil von Liebe ist nicht Haß, sondern Angst. Denn Angst hält uns davon ab, die Liebe – Gottes Liebe – die wir erfahren haben, mit all denen zu teilen, die in Nöten sind.

Wir brauchen keine Angst zu haben, den Gott hat einen Plan für uns alle und die ganze Welt. Dieser Plan sieht Frieden und ein Wohlgefallen unter den Menschen vor. Gott ist an unserer Seite und auf unserer Seite. Und wir erfahren diese Gegenwart Gottes  in dem Kind, das in der Krippe liegt. Und so können wir ermutigt in die Welt hinausgehen und die frohe Botschaft, die wir heute hier hören, in Wort und Tat verkündigen, und in die neue Herrschaft des versprochenen Gottesreiches hineinleben.

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;

11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

Amen