Predigt zu Johannes 1,6-8; 19-28; 3. Advent; 14. Dezember 2014

herald

Am Donnerstag erlebte die Bay Area einen Sturm und Regenfӓlle wie schon lange nicht mehr. Doch trotzt der Gewalt dieses Sturms hielt sich der Schaden doch in Grenzen und war nicht so schlimm, wie befürchtet. Teilweise lag das daran, daβ Leute auf den Sturm vorbereitet waren.  Zum Beispiel sah ich Nachbarn, die ihre Regenrinnen saubermachten, und Sandsӓcke von der Sandsackstation um die Ecke von unserem Haus abfüllten.  Und dann war der Verkehr auch sehr viel ruhiger als sonst, weil viele Leute am Donnerstag zu Hause blieben. Nun konnten wir uns auf dem Sturm vorbereiten, weil wir gewarnt worden waren: durch das Fernsehen, über das Radio, das Internet wurde die Nachricht verbreitet: ein Sturmtief mit viel Regen ist im Anmarsch!  You better watch out…

Nun ist dies einer der groβen Vorteile der Technologie, die wir heute haben: nicht nur kӧnnen Ereignisse, wie Stürme und anderes Wetter, früh erkannt und vorhergesagt werden, doch werden diese Nachrichten schnell und effizient verbreitet werden, in Wort und Bild.  Wort ist gut, und Bild hilft uns, zu erkennen, was da auf uns zukommt.

In früheren Zeiten war es sehr viel schwieriger, Nachrichten zu verbreiten.  Die Erfindung der Druckerpresse im spӓten 15. Jh. half zwar, Material in Massen zu produzieren, doch selbst dann konnten viele Leute das Material nicht lesen – ganz einfach, weil sie Analphabeten waren. Darum waren Herolde, die von Ort zu Ort zogen und auf den Marktplӓtzen Nachrichten und andere Dinge verkündeten, bis vor noch nicht allzu langer Zeit ein wichtiger Faktor in der Verbreitung von Wort, und teilweise auch Bild.

Da es in jenen Zeiten keine verlӓβlichen Bilder von Leuten gab, wuβten die breiten Massen auch meist gar nicht, wie ihr Kӧnig, oder Landgraf, oder sonstiger politischer Führer aussah.  Das war nicht so wie heute, wo wir Bilder noch und nӧcher haben. Deshalb gab es in der Vergangenheit besondere Herolde, die, wenn ein Herr und sein Stab durch das Land unterwegs waren, diesem Herrn eine halbe oder ganze Tagesreise vorauspreschten, und laut verkündeten: siehe, der Kӧnig kommt zu euch, oder: siehe, der Kӧnig wird durch eure Ortschaft hindurchziehen, seid bereit!  Und dann hatte solch ein Herold auch die Aufgabe, den Herrn und seinen Stab zu beschreiben: Und siehe, daran sollt ihr ihn erkennen; er sihet so und so aus, so und soviele Leute und Pferde gibts, und so sieht die Standarte aus, z.B. Die Leute muβten ja schlieβlich wissen, wen und was sie zu erwarten hatten.

Nun ist es sehr interessant, daβ die vier Evangelien, die wir heute in unserer Bibel haben, andere Anfӓnge für die Geschichte Jesu Christi haben.  Matthӓus beginnt mit dem Stammbaum Jesu und erzӓhlt dann von den Umstӓnden der Geburt Jesu, wobei er Bethlehem z.B. gar nicht erwӓhnt.  Markus hӓlt sich gar nicht mit Geburts- und Kindheitsgeschichten Jesu auf, sondern beginnt die Geschichte Jesu mit seiner Taufe. Lukas erzӓhlt von der Empfӓngnis Johannes des Tӓufers und Jesu, und dann, ja, von der Beburt in Bethlehem. Und Johannes wird ganz philosophisch und schreibt von Christus, dem Wort: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Und das Wort ward Fleisch.

Aber so unterschiedlich auch diese Anfӓnge sein mӧgen, in einem sind sich die vier Evangelisten einig: Johannes der Tӓufer ist von immenser Wichtigkeit für die Geschichte Jesu. Und wichtig ist auch die Botschsft des Johannes: kehrt um!  Bereitet den Weg des Herrn! Und ich denke, wir verstehen jetzt ein biβchen besser, warum Johannes so wichtig ist: Johannes ist der Herold.  Er verkündigt das Kommen des Herrn, des Messias.  Und seine Aufgabe ist die einer Nachrichtensendung mit Newsflash heute: seid gewarnt, Leute!  Haltet die Augen offen!  Bald wird es geschehen!

Aber es ist nicht nur Verbreitung dieser Nachricht an sich, die die Aufgabe Johannes als Herold so wichtig macht.  Nein, wie jede wichtige Persӧnlichkeit in jenen Tagen brauchte auch Jesus, der Sohn Gottes, jemanden, der vor ihm herzieht und sein baldiges Kommen ankündigt.  Siehe, dein Kӧnig kommt!  Bereitet euch vor!  Und daran sollt ihr ihn erkennen…

Im heutigen Evangelium sehen wir, wie gut Johannes seine Rolle als Herold erfüllt.  Nicht nur kommen die gemeinen Leute zu ihm , um seine Botschaft zu hӧren und sich taufen zu lassen; nein, er provoziert auch das Interesse der jüdischen Elite in Jerusalem.  Habt ihr es schon gehӧrt?  Da gibt es einen wilden Mann am Ufer des Jordans. Meint ihr, dies kӧnnte ein besonderer Mann Gottes sein?  Vielleicht der Messias?  Wir investigieren mal besser…

Und eine Delegation wird zu Johannes gesandt, die ihn fragt: Wer bist du?  Oder vielleicht auch: we bist du eigentlich?  Und Johannes sagt klar und deutlich: Ich bin nicht der Messias.  Auch nicht die Reinkarnation einer der hochverehrten Propheten au seiner glorreichen Vergangenheit, wie Elias oder DER Prophet, und das ist Moses in der jüdischen Tradition. Johannes ist nicht gesandt, die guten alten Zeiten wieder herzustellen, sondern er hat eine ganz spezielle aktuelle Mission; er ist gesandt, in der  Wüste zu rufen: “Ebnet den Weg des Herrn!”  Seid bereit, seid wachsam!  Er kommt!  Er kommt bald.

Und Johannes hat seine wichtige Rolle als Herold, als Botschafter, bis in unsere Zeit bewahrt. Soabld der Advent beginnt, kӧnnen wir Johannes und seine Botschaft einfach nicht vermeiden, und wir werden daran erinnert, daβ Weihnachten noch nicht begonnen hat, ganz egal, was uns die Kultur um uns herum erzӓhlen will. Wir werden daran erinnert, daβ wir umkehren sollen, daβ wir aufgerufen sind, unsere Wege kritisch zu überprüfen, daβ wir unsere Herzen und unser Leben auf das Kommen Christi vorbereiten sollen.

Johannes ist der Herold, derjenige, der den Messias ankündigt; den Messias, der frohe Botschaft für das Volk Gottes bringt und die frohe Botschaft für das Volk Gotte ist. Und dies ist die persӧnliche Antwort des Johannes auf die Frage: ‘Wie soll ich dich empfangen, und wie begegn’ ich dir?’ Durch seine Verkündigung und Ankündigung.

Die Frage, ‘Wie sol lich dich empfangen?’, beschӓftigt uns noch heute. Wir haben wahrscheinlich ein paar Ideen, was wir heute tun kӧnnen, um Christus zu empfangen.  Durch wachsames Ausschauhalten.  Durch Hӧren und Zuhӧren. Und dadurch, daβ wir das mitteilen, was wir sehen und hӧren und erfahren, da Gott in unser Leben und in die Realitӓt unserer Welt einbricht. Nun mӧgen wir nicht die prophetischen Talente haben, die Johannes der Tӓufer hatte. Uns wӓre es wahrscheinlich sehr unangenehm, wie die Herolde aus alten Zeiten die Botschaft auf ӧffentlichen Plӓtzen auszurufen, so wie das auch heute noch z.B. nahe der BART Station an der 16. Straβe auch heute noch geschieht.  Aber es gibt auch andere Wege, die gute Nachricht vom Kommen Gottes in unsere Welt zu verkündigen, eine Welt, die so verwirrend und chaotisch und gewalttӓtig ist, eine Welt, in der wir nur allzu oft die Macht von Tod und Teufel sehen.

Und wir müssen noch nicht einmal jemand werden, der oder die wir nicht sind, um gute Verkündiger zu sein und die frohe Botschaft Gottes zu verbreiten.

Ich weiβ nicht, ob Sie gerne PBS schauen, Public Broadcasting.  Letzte Woche schauten mein Mann und ich auf KQED ein Tributkonzert für amerikanische Rocklegende Bruce Springsteen an.  Das Konzert pasierte bereits im Februar 2013, und viele bekannte Musiker sangen und spielten Springsteens grӧβte Hits. Kurz vor Ende hielt Springsteen eine beachtenswerte Rede.  An einem bestimmten Punkt ging er darauf ein, daβ ihn viele Leute für sein soziales Engagement und seine Wohltӓtigkeit bewundern und achten. Und Springsteen sagte dann, oder jedenfalls erinnere ich mich so daran: ‘Ich mache eigentlich nichts besonderes. Ich stehe einfach auf der Bühne uns spiele meine Gitarre.  Im Hintergrund sind all die Leute, die die eigentliche und wirkliche Arbeit machen.  Ich mache nur, was ich immer mache. Und ich würde diese Gitarre sowieso spielen, Wohltӓtigkeit oder nicht.”

Was für eine genial Untertreibung!  Springsteen leistet natürlich wichtige Arbeit.  Er macht auf gewisse Themen und Miβstӓnde aufmerksam, er ist ein Herold auf seine eigene Art, indem er auf der Bühne steht und das tut, worin er gut ist; indem er ist, wer er ist.  In der christlichen Tradition nennen wir das ‘Talente’, gottgegebene Talente.  Wir haben alle etwas von Gott mitbekommen, und wir sind aufgerufen und berufen, diese Talente einzusetzen.  Und natürlich sind wir alle ganz verschieden, und haben unterschiedliche Gaben.  Gute Arbeit kann nur geleistet werden, wenn wir alle gemeinsam anpaken und das beisteuern, was wir an besonderen Gaben haben. Wir müssen nicht werden, die wir nicht sind.

Wer bist du?  Dies ist die zentrale Frage im heutigen Evangelium, die Frage, die von den Reprӓsentanten der jüdischen Elite and Johannes gestellt wird. Wer bist du?  Nicht der Messias.  Nicht Elias oder Moses.  Sondern derjenige, der in der Wüste ruft: “Ebnet den Weg des Herrn!”  Der Herold, der prophetische Botschafter des Kommen Jesus Christi.

Und ich mӧchte Sie zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte Gottes fragen: Wer sind Sie?  Wer bist du? Und welches sind die besonderen Gaben, die besonderen und wichtigen Talente, die Ihnen von Gott mit auf dem Lebensweg gegeben wurden? Welches sind die Talente, die Sie mitteilen kӧnnen, um die frohe Botschaft vom Kommen Gottes in unsere Realitӓt und die Realitӓt zu verkündigen? Vielleicht brauchen Sie, wie Bruce Springsteen, nur das zu tun, was Sie sowieso machen, was das auch immer für Sie bedeutet – aber dann tun Sie es zur Ehre Gottes und dem Wohle Ihre Nӓchsten.  Übrigens, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern Martin Luther hat das schon vor 500 Jahren gesagt: was immer du auch tust, tu es im Glauben. Wir alle sind berufen und ermӓchtigt, Verkündiger der frohen Botschaft vom heilenden und lebensbringenden Kommen Christi in unsere Welt zu sein. Und diese Botschaft ist kein billiger Trost.  Keine Sentimentalitaet.  Keine Illusion, dass ja eigentlich alles in Ordnung ist.  Sondern die Hoffnung, dass Gott alles neu macht.  Amen