Predigt zu Lukas 12, 13-21; Zehnter Sonntag nach Trinitatis – 31. Juli 2016

cluttered garage

Es gibt eine Fernsehshow auf dem Fox Business Channel, die ‘Strange Inheritance’ heiβt – ‘Merkwürdige Erbschaften’. In dieser Serie geht es um, na eben, merkwürdige Dinge, die Leute so erben. Zum Beispiel gibt es da die Familie, die irgendwie herausfand, daβ eine geschnitzte Hozverkleidung im Keller des Verstorbenen mal zum Weiβen Haus gehӧrte. Dem Sohn eines Zahntechnikers wurde ein Gebiβ Winston Churchhills vermacht. Die Kinder eines Hobby Schatzsuchers erbten ein spanisches Schiffswrack aus dem 17. Jh. Und in einer Episode, die unter dem Titel ‘Tanks a lot’ lief, vererbt ein Millionӓr seinen Kindern eine Sammlung von 240 Militӓrfahrzeugen.

Oft wissen die Erben gar nicht, was sie mit dem Zeugs anfangen sollen. Klar, diese Dinge waren mal jemandem wert und teuer und wichtig, aber für die Erben sind sie entweder Kuriositӓten, oder gar eine Last. Hӓufig haben diese Erbstücken einen historischen oder symbolischen Wert, doch sind keinen Pfifferling wert.

Nun wissen wahrscheinlich viele unter uns, daβ eine Erbschaft nicht unbedingt merkürdig sein muβ, um uns zum Grübeln zu bringen. Jeder, der mal den Haushalt von verstorbenen Eltern oder anderen Verwandten aufgelӧst hat, weiβ, daβ es da normalerweise viel Zeugs und Krams gibt, um den wir uns nun irgendwie kümmern müssen. Und oft wissen wir gar nicht, was wir damit anfangen sollen – wir haben selber schon soviel Zeugs, daβ wir nicht auch noch diese Dinge wirklich gebrauchen kӧnnten – aber dann haben wir gleichzeitig das Gefühl, daβ es nicht recht ist, diese Dinge, die unseren Lieben mal teuer und wichtig waren, einfach loszuwerden. Und dann mӧgen wir selbst auch sentimental werden, wenn wir bestimmte Dinge entdecken. Und es ist merkwürdig, daβ dann Dinge, deren Existenz wir vergessen hatten und die wir nicht vermiβt haben, auf einmal für uns so wichtig werden. Nun sind wir für das Vermӓchtnis verantwortlich.

Und, nur als Nebenbemerkung, ich rate Ihnen dringend, Ihre Erben nicht in eine solche Situation zu bringen. Sagen Sie Ihren Erben, daβ es okay ist, wenn sie mit den ihnen vermachten Sachen machen, was sie wollen, und daβ Sie es Ihnen nicht übelnehmen, wenn sie Dinge loswerden, die Ihnen teuer und wichtig sind. Fangen Sie heute schon an, die Dinge wegzugeben oder auch wegzuschmeiβen, die Sie im vergangenen Jahr nicht benutzt oder auch nur angesehen haben. Seien Sie nett zu Ihren Erben.

Doch um auf die Fernsehsendung ‘Strange Inheritance’ zurückzukommen: Am Ende jeder Episode lӓchelt die Moderatorin in die Kamera und sagt:.‘And remember: you can’t take it with you!’ – Und denken Sie daran – am Ende kӧnnen Sie nichts mitnehmen.

Am Ende kӧnnen Sie nichts mitnehmen.

Es ist alles ganz eitel, es ist alles eitel und ein Haschen nach Wind. Auch die Weisen sterben, so wie die Toren und Narren umkommen; sie müssen ihr Gut andern lassen. Und wem wird dann gehӧren, was du angehӓuft hast?

Die heutigen Lesungen aus der heiligen Schrift holen uns auf den Boden der Tatsachen zurück, nicht wahr? Was wir anhӓufen, was wir erreichen, die Dinge, die uns lieb und wert sind – nichts von dem kӧnnen wir mitnehmen, wenn wir sterben.

Nun ist die Ironie des ganzen, daβ viele von uns ihr Leben damit verbringen, immer mehr Dinge anzuhӓufen. In der freien Wirtschaft ist Konsum das Evangelium, das uns gepredigt wird – denn Konsum treibt die Wirtschaft an, und eine blühende Wirtschaft schafft Arbeitsplӓtze. Und die, die Arbeitsplӓtze haben, kӧnnen dann mehr Zeugs kaufen, nachdem sie ihre Grundbedürfnisse – Nahrung, Wohnung und Kleidung – gedeckt haben. Das Mantra, das wir hӧren, ist ‘mehr’, und das setzt voraus, das mehr irgendwie besser ist. Meiner Meinung nach ist einer der grӧβten gesellschaftlichen Sünden, diesem Mantra blind zu folgen – nach all den materiellen Dingen zu haschen, die uns Erfüllung versprechen – und dann, wenn wir eine Sache erhascht haben, gibt es dann das nӓchste Ding, das wir meinen zu brauchen, weil es grӧβer oder besser ist als das, was wir bereits besitzen.

Und am Ende kӧnnen wir nichts mitnehmen.

Und alldieweil wir all diese Dinge produzieren, konsumieren und entsorgen, beuten wir diesen Planeten, Gottes gute Schӧpfung, gedankenlos aus. Und seien wir ehrlich, oft ist unser Konsum gedankenlos; und unser unstillbarer Hunger nach mehr geht auf Kosten der Umwelt und vieler ӓrmerer Bevӧlkerungen dieser Welt – und wird uns irgendwann alle betreffen, und wenn nicht uns, so doch unsere Kinder und Kindeskinder, denn unsere Resourcen sind nicht endlos.

Wir, und ich weiβ, daβ auch ich schuldig bin, geben so leicht der Versuchung nach, den falschen Evangelien dieser Welt nachzugeben. Es hat schon seinen Grund, warum Habsucht – und ist dieses Wort nicht phantastisch, die Sucht nach Haben? – eine der 7 Todsünden in der katholischen Tradition ist. Denn Todsünden sind jene Sünden, die uns von Gott trennen – und Habsucht definitiv trennt uns von Gott, unserem Nӓchsten, und aller Kreatur, da wir nur an uns selbst denken und alles andere aus dem Blickfeld verlieren. Und das passiert mit jeder Art von Sucht.

Und wir tun uns damit selbst auf lange Sicht auch keinen Gefallen: wie oft haben uns Psychologen schon erzӓhlt, daβ all die Dinge, die wir in unserem Leben anhӓufen, tiefe Bedüfnisse, die wir haben, nur notdürftig bedecken – unser Bedürfnis nach Anerkennung, Liebe, wahren und tiefen Beziehungen, das Bedürfnis, einen Zweck zu haben, das Bedürfnis, Gott zu erfahren.

Und da wir gerade von Bedürfnissen sprechen, auch da holen uns die heutigen Lesungen aus der heiligen Schrift wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Was ist es, das wir wirklich brauchen? Was bereichert unser Leben wirklich?

In der Lesung aus dem Buch der Prediger spricht der Verfasser davon, wie wichtig es ist, nach Weisheit zu streben; und Weisheit nicht in dem Sinne von Wissen und intellektuellen Errungenschaften, sondern Weisheit als eine Folge von Lebenserfahrung. Die Weisheit, Gut von Bӧse zu unterscheiden, Dinge abzuwӓgen, und lebensfӧrdernde Entscheidungen für die gesamte Schӧpfung Gottes zu treffen. Weisheit bereichert unser Leben – und das Leben anderer.

Paulus lehrt uns in seinem Brief an die Kolosser, daβ wir, da wir in Christus sind, dieser Welt mit all ihren Normen und Begehren gestorben sind und somit zu einer neuen Kreatur werden – eine Kreatur, in der es keine Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern, sozialen Klassen oder Rassen und Volkszugehӧrigkeiten gibt, alles und in allem Christus. Als diese neue Kreatur sind wir dazu befreit, dem Reich Gottes, ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit, entgegenzuleben. So suchen und streben wir nach dem, was oben ist – indem wir dieses ‘Oben’ schon hier unten verwirklichen. Diese Vision bereichert unser Leben – und das Leben anderer.

Jesus erzӓhlt die Geschichte vom reichen Kornbauern, der weitaus mehr anhӓuft, als er braucht – und sich dann selbst zur guten Ernte gratuliert, anstatt Gott für die guten Gaben zu danken – und der dann unerwartet stirbt, bevor er den Überfluβ genieβen kann. Jesus macht deutlich klar, daβ niemand davon lebt, daβ er viele Güter hat. Daβ es da andere Dinge gibt, die uns reich bei Gott machen.

Und diese anderen Dinge sind es, die wir dann mitnehmen auf unserer Reise von dieser Welt in die nӓchste. All das, was uns beseelt. Der lebensspendende Geist Gottes, der bereichert wird durch alle Freuden und Leiden, die wir erlebt haben; all die Beziehungen, die wir in diesem Leben gepflegt haben; all die Dinge, die wir für jemand anderes oder das Gemeinwohl getan haben; die Liebe, die wir gegeben und empfangen haben.

Dies ist es, was wir mitnehmen auf unserer Reise in das nӓchste Leben – und gleichzeitig ist es auch das, was wir auf Erden zurücklassen. Mein Gebet ist, das sich die, die wir auf Erden zurücklassen, nicht an uns wegen unseres Zeugs und der materiellen Dinge erinnern, die wir zurücklassen – sondern an die wahren Schӓtze, die wir schon wӓhrend unserer Zeit auf Erden verschenkt haben: Liebe. Weisheit. Gerechtigkeit. Güte. Unsere Seele.