‘Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buβe und glaubt an das Evangelium!’

Dies sind die allerersten Worte, die Jesus im Markusevangelium spricht. Ja, wir hören die Geschichte von Jesus in den knappen Versen, die zum heutigen Evangeliumstext führen – nun muβ aber auch gesagt werden, daβ sich Markus nicht mit den Geschichten, die von Jesu Empfӓngnis, Geburt oder Kindheit erzӓhlen, abgibt, sondern gleich mit Johannes dem Tӓufer und seiner Botschaft, der Taufe Jesu, und er Versuchung Jesu in der Wüste beginnt – doch bleibt Jesus im Markusevangelium zunӓchst einmal stumm. Bis Johannes der Tӓufer vehaftet wird.

Dann kommt Jesus nach Galilӓa und beginnt seine Mission, indem er das Evangelium Gottes verkündigt.

Das klingt ja nun doch so, wie eine Fackelübergabe. Zunӓchst hören wir die Stimme des Johannes, die den ankündigt, der nach ihm kommt. Doch als er durch seine Verhaftung mundtot gemacht wird, ist es an der Zeit, daβ Jesus seine Verkündigung beginnt und den Mund auftut und somit Johannes‘ Werk weiterführt.

Nun scheint Jesu Botschaft erst einmal etwas merkwürdig zu sein. Evangelium? Frohe Botschaft? Die Zeiten sind schwer. Die, die Macht haben, miβbrauchen sie. Herodes, der Vasallenkönig von Roms Gnaden, verhaftet Johannes und wird ihn spӓter auch hinrichten lassen. Nicht, weil Johannes Buβe predigt und Menschen im Jordan tauft – religiöse Fanatiker gibt es in Judӓa zuhauf, und als solcher ist Johannes harmlos. Nein, Herodes verhaftet Johannes, als der es wagt, eine unangenehme Wahrheit zu sagen: nӓmlich, daβ Herodes in einer illegitimen Beziehung mit der Frau seines Bruders lebt. Da fühlt sich Herodes angegriffen, sein Ego ist verletzt, er kann die Kritik nicht vertragen, und schlӓgt brutal zurück. Nun ist es persönlich, und er miβbraucht seine Macht, um seinen Kritiker mundtot zu machen.

Nun ist aber die Verhaftung des Johannes lediglich ein Beispiel der willkürlichen Macht, die die Mӓchtigen über die Machtlosen ausüben. Da gibt es unzӓhlige Menschen in Galilӓa und Judӓa, die unter der brutalen Herrschaft der Römer und ihrer politischen Schergen leiden.

Dies ist eine Zeit der bestӓndigen schlechten Nachrichten, eine Zeit des Unrechts, eine Zeit der Dunkelheit. Und in dieser Zeit hören wir zum ersten Mal die Stimme Jesu, die da anknüpft, wo Johannes aufgehört hat; und diese Stimme ist laut und klar: ‘Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buβe und glaubt an das Evangelium!’

Jesus verkündigt eine fundamentale Wahrheit: daβ Gottes Reich nicht in Palӓsten und an Orten der politschen Macht gefunden wird, nicht dort, wo Wohlstand und Eitelkeit herrschen, sondern unter den Armen, den Unterdrückten, denen, die unter Unrecht leiden. Die Zeiten sind dunkel. Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen, um denen Licht zu bringen, die in Dunkelheit wandeln. Christus bringt Hoffnung und ein neues Leben für all jene, die verzweifelt sind. Dies ist das Evangelium. Dies ist die frohe Botschaft.

Doch ist dies noch nicht alles. Jesus lӓβt die Menschen nicht vom Haken. Er ruft die Menschen auf: Tut Buβe und glaubt an das Evangelium, die gute Nachricht.

Es ist so leicht, zu verzagen und den Mut zu verlieren, wenn Dunkelheit herrscht. Es ist so leicht, aufzugeben und sich dem Schicksal zu fügen. Es ist so leicht, zum Zyniker zu werden und schlimmstenfalls durch Passivitӓt oder auch ganz aktiv ein unrechtes System zu unterstützen. Es ist so leicht, zu glauben, daβ es nichts auβer schlechten Nachrichten gibt, warum sollte man also nicht versuchen, das Beste für sich selbst aus der Sache zu machen? Es ist so einfach, die Hoffnung zu verlieren.

Indem Jesus die Menschen auffordert, Buβe zu tun und an die gute Nachricht zu glauben, sagt er ihnen: Gewöhnt euch nicht an die Umstӓnde! Nehmt alles nicht so einfach hin! Werdet nicht einfach Rӓdchen im Getriebe der Willkür und des Unrechts! Laβt euch nicht in die Opferrolle drӓngen! Verliert nicht den Mut, verliert nicht die Hoffnung! Nein, tut Buβe, oder in anderen Worten: kehrt um. Ändert euren Sinn, habt einen Herzenswandel, verӓndert eure Einstellung. Und nicht nur das: glaubt an das Evangelium, glaubt an die frohe Botschaft, die gute Nachricht. Glaubt, daβ es Hoffnung gibt, daβ es die Möglichkeit zum Wandel gibt, daβ es Gottes Wille ist, daβ Leiden und Unrecht ein Ende haben. Glaubt daran, daβ Gott euch dazu beruft, aktiv am Wandel der Umstӓnde mitzuarbeiten, daβ ihr diejenigen seid, durch die das Reich Gottes erfahrbar wird. Glaubt daran, daβ ihr ein Licht in der Dunkelheit seid.

Es ist kein Zufall, daβ Jesus seine ersten Jünger gleich nach Beginn seiner Mission und der Verkündigung seines Grundsatzprogrammes beruft. Die gute Botschaft zu bringen ist nicht nur die Aufgabe eines einzigen Menschen, auch, wenn dieser einzige Mensch Gott ist. Dies ist ein Aufgabe, die gemeinsam angepackt werden muβ, eine Aufgabe, die geteilt werden muβ. Wir kennen das ja von unseren Kerzenlichtgottesdiensten am Heiligabend: je mehr wir das Licht miteinander teilen, desto lichter, desto heller wird es, und die Dunkelheit wird vertrieben. Es hat schon seinen Grund, warum wir an dieser Tradition festhalten, auch wenn es da immer die Brandgefahr gibt und es Wachsflecken auf dem Teppich gibt – weil sie ein Symbol und eine Erinnerung ist, daβ, wenn wir zusammenhalten und teilen, die Dunkelheit überwunden wird.

Und so werden die Fischer, die Jesus beruft, zu Menschenfischern, um mit denen, die sie an Land ziehen, die gute Nachricht vom Reich Gottes, das den Verzweifelten nahegekommen ist, zu teilen, um sie dazu zu ermutigen, ihren Sinn zu ӓndern, und das Licht weiterzureichen. Auf diese Weise ist das Evangelium, die frohe Botschaft, nicht zur ein abstraktes Konzept oder eine theologische Theorie, sondern zu einer Bewegung, etwas, das nicht aufgehalten werden kann, etwas, das die Mӓchte dieser Welt überwӓltigt und Hoffnung und neues Leben bringt.

Nach Menschen zu fischen bedeutet nicht nur, sie dazu zu bringen, Jesus Christus als ihren persönlichen Herrn und Heiland zu akzeptieren, nein, es geht vor allem darum, sie in Gemeinschaft zu berufen, so daβ sie Glieder am atmenden, lebenden, handelnden Leib Christi zu werden, durch den das Reich Gottes nahe herbeikommt.

Nun gibt es viele, die denken, daβ die Zeiten, in denen wir leben, dunkle Zeiten sind. Erst gestern sind wieder ca. eine Million Menschen auf die Straβen gegangen, die ihre Besorgnis über die Richtung, die diese Land gommen hat, zum Ausdruck brachten. Nun es geht den meisten von uns ganz gut, und einigen so richtig gut, zumindest materiell. Aber es hat einen Verfall von Werten gegeben, der dazu geführt hat, daβ menschliches Zusammenleben sehr viel schwerer, wenn nicht sogar unmöglich, geworden ist; der Verfall von Werten wie Integritӓt, Ehrenhaftigkeit, Zivilitӓt, Mitgefühl, und sogar sachliches Denken, Vernunft. Und mit dem Verlust dieser Werte sind wir auch dabei, unsere Seele als Gesellschaft zu verlieren. Und das schlimme ist: wir verhalten uns zumeist so, als sei es eben so, wie es nun einmal eben ist. Das Surreale ist normal geworden.

Und jeden Tag, wenn wir den Fernseher einschalten oder den Computer, erwarten wir geradezu, daβ es da absurde Nachrichten aus dem Washington und aus aller Welt gibt. Wir erwarteten das, was hier ‘Government Shutdown’ genannt wird, die Verweigerung von Regierungs- uns Verwaltungsarbeit auf nationaler Ebene, der Millionen von Menschen im Regen stehen lӓβt – nur, weil die Parteipolitik in Washington so parteibezogen geworden ist, daβ die, die sich eigentlich um das Wohl aller Bürger kümmern sollten, dieses Wohl aus den Augen verlieren.

Und in einem solchen politischen und gesellschaftlichen Klima ist es leicht, verzagt zu werden. Es ist so leicht, aufzugeben und sich dem Schicksal zu fügen. Es ist so leicht, zum Zyniker zu werden und schlimmstenfalls durch Passivitӓt oder auch ganz aktiv ein unrechtes System zu unterstützen. Es ist so leicht, zu glauben, daβ es nichts auβer schlechten Nachrichten gibt, warum sollte man also nicht versuchen, das Beste für sich selbst aus der Sache zu machen? Es ist so einfach, die Hoffnung zu verlieren.

Doch Jesu Ruf, Jesu allererste Worte, die wir im Markusevangelium hören, schallen zu uns durch Raum und Zeit: Tut Buβe! Kehrt um! Ändert euren Sinn, habt einen Herzenswandel, verӓndert eure Einstellung. Und nicht nur das: glaubt an das Evangelium, glaubt an die frohe Botschaft, die gute Nachricht. Glaubt, daβ es Hoffnung gibt, daβ es die Möglichkeit zum Wandel gibt; glaubt daran, daβ Werte wie Mitgefühl, nüchternes Denken und Vernunft, Integritӓt und Zivilitӓt wichtig sind als Ausdruck unserer Liebe, die wir für Gott und unsere Nӓchsten haben. daβ es Gottes Wille ist, daβ Leiden und Unrecht ein Ende haben. Glaubt daran, daβ Gott euch dazu beruft, aktiv am Wandel der Umstӓnde mitzuarbeiten, daβ ihr diejenigen seid, durch die das Reich Gottes erfahrbar wird. Glaubt daran, daβ ihr ein Licht in euch tragt, das euch von Gott geschenkt wurde, und daβ wir dazu berufen sind, es leuchten zu lassen und es mit allen zu teilen, so daβ die Dunkelheit es nicht überwӓltigt.

Es gibt, Gott sei Dank, immer noch viele Beispiele in den Nachrichten dieser Welt – wenn man etwas genauer hinsieht und über all die schlechten Nachrichten hinwegsieht – die uns zeigen, daβ es immer noch sehr viel Gutes in der Welt gibt. Viele kleine und groβherzige Taten der Freundlichkeit und Liebe zum Nӓchsten und Liebe zu Gottes Schöpfung werden tagtӓglich in jedem Winkel dieser Welt begangen – und die Flamme der Liebe brennt weiter. Wir brauchen nicht zu verzweifeln. In solchen Taten sehen wir, wie das Reich Gottes nahe herbeikommt. Dies sind Taten, die uns inspirieren, unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Es gibt Hoffnung. So laβt Euer Licht leuchten.

Photo by Onkundi Nyabuto on Unsplash