Kalifornien, und dies ist kein Geheimnis, ist derzeit von einer Dürrekatastrophe betroffen. Wir spüren hier noch nicht so richtig, was das bedeutet, Gott sei Dank, da wir, wenn wir den Wasserhahn aufdrehen, immer noch frisches Trinkwasser bekommen. Auch wird das Wasser noch nicht wirklich rationiert – zwar zahlen die meisten von uns nun mehr für das kostbare Nass, doch ist noch niemandem das Wasser abgedreht worden. Doch wenn Sie einen Garten haben, und mit dem Wasser haushalten, dann sieht Ihr Garten wohl so wie unserer aus: traurig und staubig und ziemlich schlapp. Und das trotz des Regens, den wir hier letzte Woche hatten.
Das Central Valley hier in Kalifornien ist wohl am schlimmsten von der Dürre betroffen. Nun ist das Central Valley, technisch betrachtet, eine Wüste – wenn man von dem jährlichen Niederschlag ausgeht. Landwirtschaft dort ist bisher nur möglich gewesen, da Grundwasser an die Oberfläche gepumpt wurde. Darüber hinaus konnte dort viel wachsen, weil es ein kompliziertes Bewässerungssystem gibt, das Wasser von Flüssen und Seen in ganz Kalifornien, aber dann auch von weither, wie vom Colorado River, heranholt. Man kann also fast sagen, daβ geborgtes Wasser dazu beigetragen hat, die Wüste in eine fruchtbringende Oase und eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Anbaugebiete in den USA zu verwandeln. Doch mit dem Versiegen des Wassers sowohl unter als auch über dem Grund ist Wasser zu einem weitaus wertvolleren, und auch umstrittenen Gut, im Central Valley und in ganz Kalifornien geworden.
Porterville, ein Ort im Süden des Central Valley, könnte ein Omen für die Zukunft sein; Porterville hat traurigen Ruhm erworben, ‘the City without water’, die Stadt ohne Wasser, zu sein. Das Grundwasser hier ist versiegt. Hunderte von Familien sind seit Monaten ohne Wasser. Und da Porterville ein landwirtschaftlicher Ort ist, in dem viele Familien sowieso schon auf dem untersten Einkommenniveau existieren, nimmt die Armut nun zu, da es ohne Wasser keine Landwirtschaft gibt. Ohne Wasser gibt es kein Wachstum und kein Leben.
Man könnte es vielleicht menschliche Hochmut oder auch Gröβenwahn nennen – ich vermute manchmal, daβ wir vielleicht ein biβchen zu zuversichtlich sind, Wachstum und Ernte beeinflussen zu können, zumindest in unserem Teil der Welt. Denken Sie nur einmal daran, was die Menschheit erfunden und entwickelt hat, um Wachstum zu manipulieren. Ich habe bereits Bewässerungssysteme erwähnt, und übrigens sind diese nichts neues: schon die alten Ägypter, Mesopotamier, und Chinesen haben Wasser aus ihren Flüssen umgeleitet, um Felder zu bewässern. Und schon seit uralten Zeiten wußten Menschen, daß man besser den Boden gut düngt, wenn man eine gute Ernte haben will. Aber heute haben wir natürlich eine ungeheure Auswahl an Chemikalien, die Pflanzen schneller wachsen lassen und resistenter machen. Wir haben Insektizide und Unkrautvertilger, um die Ernte vor Seuchen und Zerstörung zu bewahren. Wir haben Genmanipulation betrieben, um Pflanzen widerstandfähiger und produktiver zu machen. Wir haben alles getan, was in unserer Macht steht, um die Ernte vorhersehbar zu machen, und das aus gutem Grund: schließlich gibt es immer mehr Menschen auf diesem Planeten, die ernährt werden wollen.
Wie weit sind wir seit den Zeiten gekommen, in denen die Menschen viel mehr auf das Wohlwollen der Natur angewiesen waren, als wir es heute sind. Der althergebrachte mystische Zyklus des Säens, des Hegens, und der Ernte ist heute zumeist eine industrielle Angelegenheit in der westlichen Welt geworden. Und nur, wenn wir eine Art Naturkatastrophe erleben, wie derzeit hier in Kalifornien mit der Dürre, erkennen wir, daß wir eben doch nicht vollständige Gewalt über Wachstum und Ernte haben, egal, wie sehr wir uns bemühen.
Natürlich wuβten die Menschen zur Zeit Jesu, daβ man pflügt und streut, aber daβ Wachstum und Gedeihen letztlich doch in des Herren Hand liegen. Diese Menschen sahen Wachstum noch als ein Mysterium an, als ein Geheimnis, und sie hatten Ehrfucht vor diesem Wunder. Die Menschen zu Zeiten Jesu wuβten, daβ man sich nicht auf das Gedeihen der Ernte verlassen konnte, und sie erlebten, daβ es fette Jahre und magere Jahre gibt. Und das war eben normal, ein Teil des Lebenszyklus. Und da eine gute Ernte nicht selbsverständlich war, und da sich Überfluβ und Mangel abwechselten, wuβten diese Menschen, eine erfolgreiche Ernte gebührend zu feiern. Und Gott wurde in solchen Jahren überschwenglich gedankt – und auch geopfert. Und natürlich gilt dies nicht nur für die Menschen zu Jesu Zeiten – Erntedank war lange Zeit in Deutschland und anderen Teilen Europas solch ein überschwengliches und lebensbejahendes Fest, und ist es zum Teil heute noch. Und hier in den USA gibt es dann natürlich Thanksgiving.
Der Brauch, dem Tempel – oder der Kirche – den Zehnten der gesamten Ernte zu geben – und übrigens wurde ein Groβteil dieser Gaben an die Bedürftigen weitergeleitet – stammt von der Einsicht her, daβ Gott das Wunder des Wachstums bewirkt, und daβ Gott Dank und Preis verdient. Und daβ die Menschen letztlich nur bescheidene Mitarbeiter Gottes sind, wenn es darum geht, das Wunder des Wachstums möglich zu machen.
Wie weit sind wir bezüglich der Manipulation von Wachstum gekommen – und wie weit haben wir uns dabei aber auch davon entfernt, Wachstum als ein Wunder zu betrachten und Gott aus ganzem Herzen dafür zu danken. Das Dankopfer, daβ aus vollem Herzen kommt, ist heute eher eine Seltenheit – das Danksagen für das Wunder des Wachstums und Gedeihens – das Danksagen für die Ernte – das Danksagen für alles, was wir heute erarbeiten und an Ertrag durch unser Wirken haben.
Nun benutzt Jesus im Evangelium des heutigen Tages das Bild des wunderbaren und mysteriösen Wachstums – doch sein Hauptanliegen ist, über das Reich Gottes zu lehren. Dieses Gottesreich kann mit einem Samenkorn verglichen werden kann, das so wunderbar wächst und gedeiht. Ich denke, wir haben auch hier das Verständnis verloren, was dies bedeutet. Wie oft, und gerade in der westlichen Zivilisation, wird das Reich Gottes für den Ort gehalten, an dem wir nach unserem Tode kommen – hoffentlich. Das Reich Gottes wird so irgendwo im Himmel vermutet, aber nicht hier auf Erden. Doch redet Jesus immer wieder, und nicht nur im heutigen Evangelium, über das Wachstum dieses Reiches – und welchen Sinn würde es machen, wenn dieses wachsende Reich Gottes irgendwo hinter Himmelspforten läge?
Wir können einen weiteren Blick of die Natur des Gottesreiches erhaschen, wenn wir uns das zweite Glichnis im heutigen Evangelium anschauen: das Gleichnis vom Senfkorn. Das Senfkorn bzw. Die Senfpflanze wurde zu Zeiten Jesu als ein Unkraut angesehen; etwas, was man nicht in seinem Garten haben wollte, da es leicht überhand nimmt, wenn man nicht aufpaβt. Und: das Senfkorn entwickelt sich nicht zu einer sehr hohen Pflanze, ist also nicht wie ein starker Baum, sondern wächst nach auβen und überwächst so manche andere Pflanze. Und: Senf gedeiht nahe dem Boden. Jesus spricht also über das Reich Gottes als etwas, das inmitten des Alltäglichen und Ordinären wächst, auch mitten unter uns in unserer heutigen Welt – und es kann nicht gestoppt werden. Unkraut wächst nun einmal halt so, auch in der schlimmsten Dürre.
Nun haben manche Zweifel darüber, daβ das Reich Gottes noch heute wächst. Das Chrsitentum scheint die schlimmste Dürre seit Beginn seiner Existenz durchzumachen, zumindest in der nördlichen Hemisphäre. Quellen scheinen zu versiegen, und wir warten sehnsüchtig auf die erfirschenden und erneuernden Wasser des Himmels. Immer mehr Kirchen sehen traurig und verstaubt und ziemlich schlapp aus, und immer mehr Gemeinden müssen ihre Türen schlieβen. Und es wäre so einfach, den Mut und die Hoffnung unter diesen Umständen zu verlieren.
Doch gibt es da irgendwie noch Gottes hartnäckige Lebensmacht. In Porterville gibt es eine Frau, Donna Johnson, die seit Monaten selbst ohne Leitungswasser überleben muβte. Doch haben sie und ihr Mann es auf sich genommen, das Leiden anderer zu lindern, soweit sie es vermögen. Dieses Ehepaar hat abgefülltes Wasser von ihrem eigenen Geld gekauft und es an die Ärmsten der Armen im Ort verschenkt. Darüber hinaus hat Donna Johnson zahllose Privatepersonen, Organisationen und Firmen angesprochen, ob sie nicht aushelfen können. Aus diesem Grund wird Donna der ‘Engel von Porterville’ gennant.
Donna wurde über ihre Initiative interviewt, und sie sagte darin etwas, das mich sehr nachdenklich machte. Sie sagte: ‘Bitte verliert die Hoffnung nicht. Es wird besser werden.’ Verliert die Hoffnung nicht. Es wird besser werden. Aber wie kann sie so etwas unter den verheerenden Umständen sagen? Donna erklärt: ‘Die Leute hier sind dankbar für jede Art Hilfe, denn dadurch wissen sie, daβ Menschen sich um sie sorgen und sie nicht vergessen sind.’ Und dies gibt ihnen Hoffnung. Und Menschen in Porterville haben Grund zur Hoffnung gerade aufgrund von Menschen wie Donna und Gliedern von verschienen Kirchen im Ort, die in diese Hoffnung leben und Initiative ergreifen.
Das Reich Gottes wächst wie ein Samenkorn, mysteriös und wunderbar. Das Reich Gottes wächst wie ein Senfkorn, unaufhaltsam und in niederen Plätzen. Das Reich Gottes wächst dort, wo wir Menschen wie Donna Johnson, den Engel von Porterville, finden, die nur einer von den vielen Engeln ist, die heute noch unter uns wirken. Engel, die nicht aufgeben, doch die das ihre tun, um ihrem Nächsten in Not zu helfen. Das Reich Gottes wächst dort, wo die Hoffnung trotz allem Grund zur Hoffnungslosigkeit noch lebendig ist.
In den Zeiten, in denen wir mit den Durststrecken in unserem Leben kämpfen – sei es in unserem Privatleben, oder in unserem Leben als Gemeinde – in den Zeiten, in denen wir die Hoffnung verlieren, daβ Wachstum passieren kann und passieren wird – mögen wir uns daran erinnern, daβ Gott so seine Art hat, das Leben doch irgendwie siegen zu lassen – mysteriös und wunderbar. Und mögen wir uns daran erinnern, daβ wir alle bescheidene Mitarbeiter Gottes sind, wenn es darum geht, Leben zu bewahren und zu fördern. Mögen wir uns daran erinnern, daβ wir aus dem einfallsreichen und kreativen Geiste Gottes schöpfen können, um selbst kreativ uns einfallsreich mit unseren Problemen und den Problemen der Welt umzugehen – und mit den Zeiten der Dürre, sei es eine ganz reale und wörtliche Dürre, oder die spirituelle oder emotional Dürre im Leben anderer. Es ist in unserer Macht, Hoffnung zu haben, Hoffnung zu geben, und in diese Hoffnung hinein zu leben.