Dieses Jahr feiern wir das 500ste Jubiläum der Reformation, die mit dem (womöglichen) Anschlag der 95 Thesen Martin Luthers an die Tür der Schloβkirche in Wittenberg seinen Anfang nahm. Ich will Sie nun nicht mit Kirchengeschichte langweilen, aber ich möchte doch eines herausstellen: ohne Martin Luther würden wir Weihnachten höchstwahrscheinlich nicht so feiern, wie wie es heute kennen.

Ja, Weihnachten war auch in der römisch-katholischen und der orthodoxen Tradition ein Feiertag, doch wurde er mit relative wenig Aufwand gefeiert. Es gab Messen – und das englische Wort ‘Christmas’, also ‘Christmesse’ kommt daher – doch gab es keine Weihnachtsbäume, es wurden keine Weihnachtslider von Normalbürgern gesungen, es gab keine Geschenke. Allerdings aβen die Menschen gut, wenn sie es sich denn erlauben konnten, doch das geschah an allen Festtagen, die eben keine Fastentage waren (und an Fastentagen gab es viele im Mittelalter).

In vielen Regionen gab es kleine Geschenke am 6. Dezember, dem Festtag des Heiligen Nikolaus, der der Schutzheilige aller Kinder war. Und in den orthodoxen Traditionen gab es Geschenke erst an Epiphanias, dem Tag der heiligen drei Könige, die dem Christkind ja kostbare Geschenke brachten (und dies ist auch heute noch der Fall).

Insgesamt war Weihnachten nur einer unter unzähligen Festtage im Kirchenkalender. Martin Luther nahm dann natürlich einige radikale Veränderungen in der Kirche vor. Z.B. schmiβ er quasi alle Heiligen raus, die verehrt wurden, denn er lehrte, daβ alle Gläubigen Heilige sind, da sie durch die Gnade gerechtfertigt und heilig gemacht werden. Dadurch wurden auch alle Festtage der Heiligen eliminiert, und auf einmal gab es sehr viel weniger Festtage im Kirchenkalender. Doch diese konzentrierten sich alle auf Gott, und besonders Jesus Christus. Und da es nun in der protestantischen Kirche weniger Feiertage gab, wurden jene, die verbleiben, umso intensive gefeiert. Darunter war dann auch Weihnachten.

 

Nur als Anmerkung: Luther versuchte, die Tradition von Sankt Nikolaus, der Geschenke bringt, zu beenden. Er argumentierte, daβ Christus, das Kind in der Krippe, das Christkind, das gröβte Geschenk an die Menschheit ist; um uns daran zu erinnern, sollten Geschenke an Weihnachten gemacht werden. Luther hatte nur begrenzt Erfolg: ja, noch heute gibt es an Weihnachten Geschenke, und in einigen Gegenden bringt auch das Christkind die Geschenke – doch die Tradition um Sankt Nikolaus war einfach zu beliebt. Und hat diese Tradition auch eine Evolution erfahren: aus dem Nikolaus wurde irgendwie der Weihnachtsmann, der heute um die Weihnachtszeit sehr viel prominenter als das Christkind ist.

Martin Luther liebte Weihnachten. Für ihn waren die Geburt Christi und das Kommen Gottes in unsere unvollkommene Welt etwas, das ihm Hoffnung gab und Freude machte. Luther litt an zeitweiligen Depressionen und konnte auch sehr jähzornig sein, doch, wie einer seiner Studenten schrieb, wurde Luther zu einem anderen Menschen, wenn die Weihnachtszeit herbeikam. Er freute sich wie ein Kind, er war voller gespannter Vorfreude auf das Fest, und steckte alle um ihn gerum mit dieser Laune an.

Luther brachte Weihnachten in die Wohnungen der Gläubigen. Es ist eine unwahrscheinliche Legende, das Luther den Weihnachtsbaum ‘erfunden’ hat, doch brachte er seinen Kindern die Weihnachtsgeschichte bei und komponierte mehrere einfach zu singende Weihnachtslieder, um die Geschichte zu Hause weiterzugeben. Luthers bekanntestes Weihnachtslied, ‘Vom Himmel hoch, da komm ich her’, hatte seinen Ursprung in einer Bitte der Kinder Luthers, er möge ihnen doch ein Lied schreiben, das sie singen könnten, während sie in der Wohnstube ein Krippenspiel aufführten. Und Luther lieβ sich nicht zweimal bitten: er schrieb 15 Strophen, die die gesamte Weihnachtsgeschichte erzählen.

Doch Luther nahm die Weihnachtszeit auch zum Anlaβ, seine Mitmenschen zu ermahnen, die Menschheit Christi in allen Brüdern und Schwestern zu erkennen. In seinen Weihnachtspredigten betonte er immer wieder, daβ man sich um die Armen und Schwachen kümmern müsse, und daβ alle Gläubigen Almosen geben sollten. Wir schenken, we Christus uns geschenkt wurde.

 

Ich denke, daβ wir auch heute noch die Spuren der Weihnachtsrevolution Luthers in unserem Fest erkennen. Und wenn auch diese heilige Zeit heute von Kommerz und Sentimentalität geprägt ist, hoffe ich, daβ acuh wir heute noch etwas von der Hoffnung und Freude verspüren, die Luther in seinem Herzen trug: die Freude über die Geburt Christi und das Kommen Gottes in unsere unvollkommene Welt. Und mögen wir diese Freude, wie Luther, in Wort und Tat weitergeben – zur Ehre Gottes und um der ganzen Welt willen.