Predigt zu Lukas 18, 1-8; Einundzwanzigster Sonntag nach Trinitatis – 16. Oktober 2016

prayer

Manche tun es, wenn sie im Bett sind. Manche in der Natur. Manche knien sich dazu hin. Manche stehen dabei. Manche bücken sich dazu. Manche verrenken ihre Körper. Manche schlieβen dabei ihre Augen. Manche halten sie dabei offen. Manche stehen still, manche werfen ihre Arme dabei hoch. Manche tune s jeden Tag, manche nur in Notfällen. Manche tun es gern alleine, manche mit einem Partner, manche gar in einer gröβeren Gruppe. Manche sind dabei still, manche erheben dabei ihre Stimmen.

Na, was könnte das wohl sein?

Ich rede über das Gebet (natürlich, was wohl sonst?). Es ist schon faszinierend, auf wieviele Arten und Weisen sich über die Jahrtausende mit Gott in Verbindung gesetzt haben, und auf wieviele Arten sie mit Gott kommuniziert haben. Nun ist es ganz egal, in welcher Körperhaltung oder in welchen Umständen wir mit Gott Kontakt aufnehmen, das wichtige ist, das wir es überhaupt tun. Gebet ist das Signal, das wir Gott geben: Gott. Ich bin für dich bereit, ich bin offen für deinen Geist – und das ist wichtig am Gebet. Offen und willens zu sein, nicht nur zu reden, sondern auch zu hören.

Seit prähistorischen Zeiten hatten Menschen das Bedürfnis, mit den Göttern zun kommunizieren. Die ersten Gebete waren wahrscheinlich Bitten um eine reiche Jagd oder Ernte, um Regen, um Fruchtbarkeit für das Vieh. Die Gottheiten der Natur muβten häufig besänftigt werden, damit das Fortbestehen eines Stammes oder eines Dorfes gewähleistet war, dann meist auch mit Opfern.

Das wandelte sich dann über die Jahrtausende – obwohl es auch heute noch Menschen gibt, die denken, daβ Gebete hauptsächlich dazu da sind, um Gott um etwas zu bitten. Doch die Kulturen stellten irgendwann fest, daβ es nicht nur um das nackte Überleben geht, sondern daβ das Leben vielschichtiger ist – und eine gute und vertrauensvolle Beziehung zu Gott gehört dazu. In den Büchern des Alten Testaments z. B. finden wir Zeugnisse dieser tiefen –und manchmal auch schwierigen – Beziehung, die Menschen mit Gott haben. Die heutige Lesung aus dem 1. Buch Mose, die de Kampf Jakobs mit Gott am Jabbok beschreibt, ist ein Beispiel dafür, daβ wir manchmal auch mit Gott ringen. Doch ist die Beziehung zwischen Mensch und Gott, die wir häufig im Alten Testament finden, tief und echt und lebendig und leidenschaftlich.

In den Psalmen und auch anderswo finden wir dann auch den Ausdruck dieser tiefen und komplizierten Beziehung – dort finden wir Gebete des Lobpreises und der Verzweiflung, Gebete, in denen Gott angeklagt wird, und Gebete, die ein tiefes Vertrauen ausdrücken. Gebete, die um etwas bitte, und Gebete, die Gott aus tiefstem Herzen danken. Da finden wir alle Gefühle, zu denen Menschen fähig sind.

Menschen brachten all dies vor Gott, weil sie glaubten, daβ es Gott kümmert. Daβ Gott sich um sie kümmerte. Und so wuβten sie, daβ sie alles, aber auch alles, vor Gott bringen konnten: Beschwerden und Ängste und Hoffnungen und Freuden. Gott hört zu. Man kann das auch in einem Wort beschreiben: Glauben. Gott ist da. Gott läβt uns niemals los.

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Glaube geschwächt werden kann. Jesus kennt den schlimmsten Feind des Glaubens: das Nachlassen. Den Verlust der Hoffnung. Das Verzagen, wenn Dinge mal nicht so gut laufen. Jesus wuβte, was seinen Jüngern und auch anderen Anhängern bevorstand: Verlust. Vertreibung. Verfolgung. Verachtung. Sogar Tod.

In dem Moment, in dem Jesu Anhänger ihn am Kreuz sterben sahen, da starben auch ihre Hoffnungen und Träume. Und die meisten flohen und tauchten unter, aus Angst, ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Sie lieβen nach. Sie verzagten. Gleichzeitig verloren sie auch ihre Verbindung zu Gott. Sie fühlten sich gottverlassen.

Die Pfingstgeschichte, in der Gottes Geist in Feuerzungen und wie ein Wirbelwind unter die Jünger kommt, ist deshalb so wichtig und kraftvoll, weil die Jünger nun aus ihrer Hoffnungslosigkeit und Gottlosigkeit herausgerissen werden und nun ihre Angst in Hoffnung verwandelt wird. Sie lassen die dunklen Verstecke hinter sich und zeigen sich unter freiem Himmel. Anstatt zu schweigen, verkündigen sie die frohe Botschaft vom neuen Leben, das Gott uns allen verspricht. Haben sie zuvor im Glauben und in der Hoffnung nachgelassen, so lassen sie nun nicht nach, die Botschaft trotzig zu verbreiten.

Auch heute noch ist es so leicht, nachzulassen und zu verzagen, auch wenn wir nun nicht gerade Verfolgung und Nachteile aufgrund unseres Glaubens erleben. Doch oft lassen wir uns dazu verführen, uns von Angst und Sorge leiten zu lassen anstatt von Hoffnung und Gottes Geist. Wenn z.B. die Realitäten dieser Welt so gar nicht mit den Visionen vom Reich Gottes übereinstimmen. Wenn wir tagtäglich mir ansehen müssen, wie Menschen sich und ihre Umwelt verletzen und Gewalt antun. Wenn wir leiden, und es ist einfach keine Linderung in Sicht. Wenn all unser gutes Tun und Lassen anscheinend vergeblich ist. Wenn wir uns mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen, sei es in unserem persönlichen Leben, oder dem Leben dieser Gemeinde. Da ist dann die Versuchung groβ, nachzulassen, zu verzagen, das Beten aufzugeben, und vielleicht sogar Gott aufzugeben.

Welch ein Trost muβ es für die frühe Christenheit gewesen sein, Jesu Worte durch das Evangelium zu hören: betet allezeit und laβt nicht nach! In Zeiten der Unterdrückung und der Verfolgung, in Zeiten, in denen sie den Mut verloren, in Zeiten, in denen sie so dringend die Versicherung nötig hatten, daβ Gott ihnen Recht verschaffen würde. Daβ Gott sie erhört. Wenn ein gleichgültiger Richter nachgibt und einer hartnäckigen Witwe zuhӧrt, wieviel mehr wird Gott zuhören, wenn Gottes Kinder ihn um etwas bitten?

Der Apostel Paulus verinnerlichte eben diese Botschaft, und teilte sie praktisch mit all den Gemeinden, mit denen er in Verbindung stand, so wie mit der Gemeinde des Timotheus: seid stark. Haltet durch. Gebt nicht auf. Laβt nicht nach.

Und dies ist die Botschaft, die wir auch heute noch dringend nötig habe, eine Botschaft, die uns auch heute noch Hoffnung gibt und den Mut, dieser Hoffnung gemäβ zu handeln, trotz Teufel, Welt, Sünd und Tod.

And here let me switch into English for a moment, because I would like to direct some words to the parents and sponsors and family of little K, whom we will baptize in just a few moments: so I’ve been talking about Jesus’ urging of his followers to never lose heart and be persistent in prayer. To stay in touch and in communication with God, even though the world around us may disappoint us, and life may throw obstacles in our way that at times seem too hard to overcome. To have hope and to hang on to it.

Today K’s journey of faith begins as she is baptized. Today God says a clear ‘yes’ to her and promises to be with her always. However, as parents, as godparents and as family, and we as a congregation have a responsibility: the responsibility to model faith, hope and love. To model persistence in prayer. To show her that, even though things may be tough, we can trust in God. And part of it is to pray, always. To teach her to pray. And that’s not hard: just make sure that, every day, there is a connection with God. A thank you for the food. A thanks you for the good things that are happening. Have her open her heart to God about things that concern her or scare her.

And then, there is a good chance that she will experience God in her daily life, a God who is by her side, always, a God who sends his angels to guard and protect her, as the baptismal verse says you chose for her. A God who walks with her through life and any ups and downs that she will encounter. A God who gives her hope in darker hours.

The widow Jesus talks about in today’s gospel story is the epitome of hope, even though at first she seems an unlikely role model – and that’s what connects her story with K’s story that yet has to enfold. And now let me switch back to German.

Die Witwe im heutigen Evangelium gibt nicht auf. Und sie geht auch nicht einfach davon aus, daβ sie bekommen wird, was sie braucht. Sie macht ihre Sache lautstark klar, hartnäckig. Sie hat genüged Hoffnung, daβ ihre Beschwerden zu dem Ergebnis führen wird, das sie sich erhofft.

Und die Frage hier ist nicht, ob Gott wie der Richter in der Geschichte ist. Die Frage ist: sind wir wie die Witwe? Vetrauen wir darauf, daβ Gott uns erhören wird? Sind wir hartnäckig im Gebet? Werden wir niemals nachlassen? Haben wir genug Hoffnung?

Der deutsche Theologe Gerhard Ebeling sagte einst: ‘Gebet ist die Hinwendung zur Zukunft.’ Beim Gebet geht es nicht nur darum, Gott damit in den Ohren zu liegen, was wir wollen oder meinen zu brauchen; Gebet öffnet uns zu Gott und für Gott und hilft uns dabei, das Vergangene hinter uns zu lassen und dem zuversichtlich entgegenzushen, was da kommen mag. Beim Gebet geht es um Hoffnung. Die Hoffnung, daβ Gott alles Dinge ändern und neu machen kann. So betet allezeit. Und laβt nie nach.