Predigt zu Markus 1,4-11; 2. Sonntag nach Epiphanias/Taufe Christi – 11. Januar 2015

water

Vor fast genau einem Jahr rief der Gouverneur von Kalifornien einen Dürrenotstand aus.  Schon im Januar 2014 zeichnete sich ab, daβ die Regensaison 2013 und 2014 eine der trockensten überhaupt sein würde. Letztes Jahr hatten wir weniger als 20% des normalen Durchschnitts hier in Kalifornien. Nun hatte wir ja recht ordentliche Regenfӓlle vor ein paar Wochen, und wir sind im Moment bei ca. 150% des durchschnittlichen Niederschlags in dieser Saison – doch der Dürrenotstand ist noch lange nicht vorbei. Es gibt so gut wie keine Schneedecke in den Sierras, und die ist notwendig für einen stetigen Wasserablauf in der Schneeschmelze.  Viele Brunnen, Reserviore und Zisternen sind erschӧpft, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir brauchen noch sehr viel mehr Niederschlӓge in dieser Saison, um überhaupt etwas Atem schӧpfen zu kӧnnen. Und – es ist derzeit kein Regen in Sicht.  Ich schaue jeden Tag auf die Wettervorhersage auf meinem I-Phone, und immer, wenn ich das keine Sonnensymbol sehe, denke und bete ich: bitte, mehr Regen!

Also, ob Sie’s glauben oder nicht, der Dürrenotstand, den der Gouverneur letzes Jahr ausgerufen hat, ist noch immer aktuell. Wir mӧgen zwar denken, wieso, wir hatten doch soviel Regen, fast zuviel Regen, also kann ich jetzt wieder so richtig schӧn Wasser benutzen – doch werden wir immer noch gewarnt, sparsam mit dem Wasser umzugehen und es zu konservieren. Und ich mӧchte hinzufügen, daβ wir immer sparsam mit dem Wasser umgehen sollten, auch in besseren Zeiten.  Wasser ist kostbar. Wasser ist Leben.

Nun sind wir in diesem Teil der Welt verwӧhnt mit frischem und sauberem Trinkwasser.  Wir sehen es als selbstverstӓndlich an, daβ wir einfach irgendeinen Wasserhahn aufdrehen, und es kommt gutes Trinkwasser heraus, und das sogar wӓhrend eines Dürrenotstandes. Das kann man z.B. in Mexico nicht einfach so machen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es selbstverstӓndlich ist, daβ wir natürliche Gewӓsser einfach um- und ableiten, um Industrien und die Landwirtschaft mit dem kostbaren Nass zu versorgen.  Gerade hier in Kalifornien sehen wir, wie umgeleitetes Wasser eine Wüste, nӓmlich das Central Valley, zu einer der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsstӓtten in den gesamten USA macht. Und dann bleibt anscheinend immer noch genügend Wasser für Parks und Golfplӓtze übrig – ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wir grün die immer sind, selbst im heiβesten und trockensten Sommer?

Es gibt viele Orte in dieser Welt, in der Wasser wirklich knapp ist und als überaus wertvoll angesehen wird. Und es verӓrgert mich, daβ da auch teilweise eine macht- und geldgierige Industrie dahintersteckt.  In einigen Lӓndern der zweiten und dritten Welt kaufen groβe Industriekonzerne das Recht für die Wassernutzung auf, und verwehren dann den Ansӓssigen den Zugang zu dem kostbaren Nass.  Diese Menschen müssen nun ihr Wasser, das ihre Vorfahren jahrtausendelang frei genutzt haben, teuer bezahlen.  Natürlich spielen da auch korrupte Regierungen eine Rolle – aber es ist eine Travestie. Was ich sagen will: es gibt viele Menschen, die keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.  Es gibt sogar Sozialwissenschaftler, die sagen, daβ künftige Kriege hӧchstwahrscheinlich nicht wegen Ӧls, sondern wegen Trinkwassers geführt werden.

Nun ist es aber doch so, daβ etwas mehr wertgeschӓtzt wird, wenn es knapp ist.  Vielerorts in dieser Welt wird Wasser wertgeschӓtzt und als kostbarer Schatz behandelt. Wasser bedeutet Überleben.  Wasser bedeutet Leben.

Wir schӓtzen Wasser wahrscheinlich nicht so, wie wir es sollten.  Wir nehmen es als selbstverstӓndlich hin, und hoffentlich geht es uns nicht so wie Joni Mitchell in ihrem Lied, ‘Big Yellow Taxi’, in dem sie sagt: ‘Don’t it always seem to go that you don’t know what you got till it’s gone?’ – ‘Ist es nicht immer so, daβ wir nicht wissen, was wir haben, bis es nicht mehr da ist?’  Lassen Sie uns hoffen und beten, daβ wir frisches und sauberes Wasser immer als kostbares Geschenk ansehen werden, und alles in unserer Macht tun, diesen Schatz zu beschützen und zu bewahren, für unsere Kinder und Kindeskinder.

Heute denken wir über Taufe nach, und wir gedenken unserer eigenen Taufe. Jesus selbst wurde in den lebendigen Wassern des Jordans getauft – und, nur als Anmerkung, traurigerweise sind auch die Wasser des Jordans nicht mehr, was sie dereinst einmal waren.  Auch der Jordan wird heute gestaut und umgeleitet, dazu verschmutzt und vergiftet durch Industrieabwasser; und wo Jesus wahrscheinlich einst in den frei flieβenden und tiefen Wassern des Jordans untergetaucht wurde, flieβt heute nur noch ein trauriges und dreckiges Rinnsal. Aber seit Jesu Taufe sind die Anhӓnger Jesu Christi mit Wasser getauft worden. Und dieses Taufwasser hat viele symbolische Bedeutungen, aber all diese Bedeutungen weisen auf das Eine hin: Wasser bedeutet Leben. In den Wassern der Taufe gibt Gott uns Leben, ein neues Leben, eine neue Existenz. Die Taufe ist ein kostbares Geschenk, so kostbar wie Wasser; sie erfrischt uns, erneuert uns, und bewahrt uns, und das an jedem neuen Tag. Barmherzigkeit und Gnade und Vergebung brechen mit dem Wasser über uns hinein, und flieβen durch uns hindurch. Gott dreht den himmlischen Wasserhahn auf, sozusagen, und wir kӧnnen uns unendlich an diesem Geschenk laben.

Was machen wir nun mit diesem kostbaren Geschenk? Verstauen wir es, so wie viele andere Geschenke, irgendwo ganz hinten im Schrank und vergessen, daβ wire s haben? Nehmen wir es als selbstverstӓndlich hin, so wir wir sauberes Trinkwasser als selbstverstӓndlich hinnehemen? Machen wir uns dieses Geschenkes bewuβt? Oder erinnern wir uns an das Geschenk der Taufe nur in jenen Momenten, in denen wir unsere spirituellen und emotionalenTrockenzeiten haben, in denen es uns nicht so gut geht, in jenen Momenten, in denen wir nach Gott dürsten? Fallen wir nur auf das Geschenk der Taufe und auf Gott zurück, wenn alle anderen Mӧglichkeiten erschӧpft sind – so wie viele nur dann beten, wenn alles andere, was wir zu tun versuchen und in unserer Macht steht, versagt?

Die frohe Botschaft in alledem ist: Gott ist immer da. Gott, die Quelle des Lebens. Auch, wenn wir durch eine spirituelle Trockenzeit in unserem Leben gehen, sei es allein oder als Gemeinschaft: Gott hӓlt seine Gaben für uns nicht zurück.  Gott ist da, der himmlische Wasserhahn ist offen, und bietet uns das erfrischende, erneuernde Wasser des Lebens an. Die Taufe ist eine Quelle, die nie versiegt. Und wann immer wir uns wieder dieses Wassers erinnern, es schmecken und spüren, wie es uns erfrischt und neues Leben gibt, kӧnnen wir es nicht nur konsumieren, sondern es durch uns durchflieβen lassen.  Gott schenkt uns voll ein, the cup runneth over, wie es so schӧn in der englischen Version des 23. Psalmes heiβt – und Gottes Liebe und Gnade und Leben strӧmen durch uns hindurch und dann dorthin, wo wir sind, durch uns in alle Welt. Es gibt die EINE Taufe, und es ist eine Quelle des Lebens für alle, und nicht nur diejenigen, die sie direkt empfangen.

Der Vater unserer Kirche, Martin Luther, schrieb: Jeden Morgen, wenn ich erwache, erninnere ich mich zunӓchst daran: Ich bin getauft! Was Luther damit meint ist, daβ er sich daran erinnerte, daβ Gott ihn und uns mit jedem neunen Tag eine neue Chance gibt, das Leben im Glauben zu leben – egal, was gestern war.  Gottes Gnade und Vergebung sind da. Darüber hinaus aber erinnerte sich Luther daran, daβ er, wie jeder Christ, jede Christin, berufen ist, aus dieser Taufgnade zu leben, und groβzügig seinem Nӓchsten gegenüber zu sein, in Wort und Tat und Gabe. Ist dies nicht eine schӧne spirituelle Disziplin?

Und daran erinnern wir uns heute.  Wir sind getauft.  Gott überschüttet uns mit Gnade und Barmherzigkeit und allen guten Gaben, da ist mehr als genug. Und: die EINE Taufe macht uns zu einem Leib, in dem wir Gott und einander angehӧren. Wir sind alle in denselben Wassern gewaschen worden, und diese Wasser machen uns alle gleich in den Augen Gottes. Gott ӧffnete die Himmel und verkündete nach Jesu Taufe: “Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.” Himmel und Erde berühren sich in jenem Moment – und Himmel und Erde berühren sich erneut, wann immer jemand getauft wird.  Gott spricht zu jedem von Euch, und die Welt: “Du bist mein geliebtes Kind, an dir habe ich Wohlgefallen.” Erinnert euch an dieses Versprechen, dieses Geschenk. Nehmt es an, an jedem neuen Tag. Und teilt es mit der Welt, die nach dem Wasser des Lebens dürstet.

Amen