Wöchentliche Advents Reflektion; 17. Dezember – Charles Dickens’ ‘Eine Weihnachtsgeschichte’ ist in Buchhandlungen erhältlich (1843)

 

 

christmas carol

Mit Ausnahme der biblischen Weihnachtsgeschichte in Lukas 2 gibt es wahrscheinlich keine beliebtere und bekanntere Weihnachtserzählung als ‘Eine Weihnachtsgeschichte’ von Charles Dickens. Obwohl die Geschichte im Jahre 1843 geschrieben wurde und auch stattfindet, hat sie doch eine zeitlose Qualität durch ihre einzigartigen Charaktere und ihre Moral. Und so wurde diese Geschichte zum Klassiker. Die Erzählung über die wundersame Bekehrung des Geizhalses Ebenezer Scrooge ist unzählige Male als Bühnenstück aufgeführt worden (sowohl als Theaterstück als auch als ein Ballett), und es gibt mehrere Kinofilme, die dieses Buch adaptieren (meine Lieblingsversion ist ‘Die Muppets Weihnachtsgeschichte’ von 1992).

Charles Dickens hatte ursprünglich nicht die Intention, eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben. Dickens war ein leidenschaftlicher junger Mann. Im Jahre 1843 war er lediglich 22 Jahre alt! Dickens hatte eine privilegierte Kindheit; doch als er 12 Jahre alt war, wurde sein Vater inhaftiert, und Charles wurde gezwungen, in einer Fabrik zu arbeiten. Dickens fühlte sich durch dieses Erlebnis nachhaltig gedemütigt, und viele seiner späteren Werke reflektieren seine Erfahrungen während dieser Zeit (‚David Copperfield‘, ‚Oliver Twist‘, Bleakhaus‘). Aber diese Erfahrungen öffneten seine Augen auch für die Belange der Armen und die oft unmenschlichen Bedingungen in Fabriken und Bergwerken – denn hier wurden zumeist Frauen und Kinder geschunden und mußten lange Schichten arbeiten, währen sie unter Hunger litten. Im Frühjahr 1843 begann Dickens, ein feuriges Pamphlet über die horrenden Bedingungen und das Unrecht im neu industrialisierten England zu schreiben.

Interessanterweise entwickelte Dickens um die selbe Zeit ein weiteres Interesse: vergessene Weihnachtstraditionen. Das 19. Jh. War eine Zeit der Romantik, welche ein starkes Interesse an Gebräuchen einer ‘besseren’ Vergangenheit hatte. In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurde Weihnachten fast ausschließlich in Kirchen gefeiert, doch kaum in Privathaushalten. Das war aber nicht immer so – in früheren Jahrhunderten gab es viele fröhliche sekuläre Feierlichkeiten zum Christfest, die häufig übermäßiges Trinken mit einschlossen. Dickens war selbst sehr romantisch und leidenschaftlich veranlagt, und er versuchte (erfolgreich), althergebrachte Weihnachtstraditionen wie Musik, Gesang, Tanz , Familienfeiern mit Festgelagen und Geschenken wiedereinzuführen.

Dickens schaffte es nie, sein feuriges Pamphlet zuendezuschreiben. Anstatt dessen war das Resultat seiner Leidenschaft für wirtschaftliche Gerechtigkeit und alte Weihnachtsgebräuche ‚Eine Weihnachtsgeschichte‘. Angeblich schrieb Dickens die letzten Kapitel dieses Buches in den ersten Dezembertagen 1843, und das Buch war dann am 17. Dezember zum Verkauf erhältlich (andere Quellen behaupten, daß dies schon am 13. Dezember der Fall war).

Dieses Buch war ein sofortiger kommerzieller Erfolg, und Kritiker lobten die Geschichte. Alle 6000 Erstausgaben wurden innerhalb eines Monates verkauft – und seit der Ersterscheinung gab es keine Zeit, in der  ‚Eine Weihnachtsgeschichte‘ nicht nachgedruckt wurde.  Dieses Buch ist also seit 1834 ein beständiger Verkaufsschlager gewesen. Und dieses Buch hatte schwerwiegende und unvorhergesehene Konsequenzen: zum einen führte es zur Wiederbelebung der alten (und zumeist sekulären) Festtraditionen –erst in England, dann in den Usa und anderen Teilen der Welt. Einige Wissenschaftler behaupten, daß die Weise, in der wir heute Weihnachten feiern, nämlich als Familienfest und mit unzähligen Weihnachtsfeiern, auf Dickens‘ Buch zurückgeht. Zum anderen wurden Leser durch das Beispiel des Ebenezer Scrooge zu mehr Großzügigkeit inspiriert. Es wurden viel mehr Almosen für die Armen gegeben, und zwar von 1843 an bis in die heutige Zeit. Und letztendlich wurden auch die Arbeitsverhältnisse in den Fabirken und Bergwerken verbessert , die Löhne wurden erhöht, und Gesetze zur Kinderarbeit verabschiedet. Dickens‘ Werk mag der Beginn all dieser Entwicklungen gewesen sein.

Es ist oft gesagt worden, daß die Wahrheit sich viel  leichter durch eine (Märchen-) Erzählung als durch harte Fakten vermitteln läßt. Es ist wohl anzunehmen, daß das feurige Pamphlet, das Dickens zuerst verfassen wollte, längst nicht den gleichen Einfluß auf die Gesellschaft gehabt hätte als ‚Eine Weihnachtsgeschichte‘ – eine inspirierte Geschichte über den wahren Sinn des Weihnachtsfestes. Denken Sie mal darüber nach: Die Weihnachtszeit ist immer noch immer die spendenfreudigste Zeit  des Jahres. Und letzlich ist unsere Bereitschaft zum Geben nur ein Abbild des Geschenkes, das Gott uns gemacht hat: Jesus Christus, das Kind in der Krippe und der Mann am Kreuz. Dies ist der wahre Grund zum Feiern. Lassen Sie uns dies mit freudigen und freigiebigen Herzen tun.

‘So du niemand bei dir beschweren wirst noch mit dem Fingern zeigen noch übel reden und wirst den Hungrigen lassen finden dein Herz und die elende Seele sättigen: so wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag; und der HERR wird dich immerdar führen und deine Seele sättigen in der Dürre und deine Gebeine stärken; und du wirst sein wie ein gewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, welcher es nimmer an Wasser fehlt.‘  Jesaja 58,9b-11, Lutherbibel