2014 Advent Reflektionen – “Türen und Pfade”; Donnerstag, den 18. Dezember

Joss House

“Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem anderen Weg wieder in ihr Land.”

Matthäus 2,12, Lutherbibel

Im Foto ist der Eingang zum ‘Joss House’ in Weaverville zu sehen. Das ‘Joss House’ (‘Joss’ kommt vom portugiesischen ‘Deus’ = ‘Gott’) ist der älteste chinesische Tempel – und eines der ältesten Gotteshӓuser in Kalifornien, das ununterbrochen als solches genutzt wurde.

Das Foto zeigt den Eingang zu diesem Tempel. Die Türen sind weit offen. Was wie Türen in diesem Bild aussieht, ist in Wirklichkeit eine Trennwand; um in den Tempel zu gelangen, muβ man um diese Trennwand herumgehen. Der Führer, der uns das Joss House zeigte, erklӓrte uns, daβ diese Trennwand den Zweck hat, das Übel aus dem heiligen Raum fernzuhalten. Die taoistische Tradition glaubt, daβ das Übel ein fauler Genosse ist, und es vorzieht, gerade und wohlbekannte Pfade zu gehen. Das Übel, so der Glaube, wird durch Hindernisse entmutigt.  Im Fall dieses Einganges sieht man dann auch, daβ es mehrere Hindernisse gibt: zum einen die Trennwand, aber dann auch die hohe Schwelle und die Illusion einer geschlossenen Tür. Für all jene, die daran ineressiert sind: dies ist gutes ‘Feng-Shui’.

Diese alte Lehre fasziniert mich: daβ schlime Dinge passieren, wenn wir zu vertraut mit den alten Wegen sind, und mit dem Status Quo. Und da ist ja auch etwas dran: viele (tӧdliche) Unfӓlle passieren auf geraden und eintӧnigen Landstraβen. Überhaupt passieren die meisten Autounfӓlle in einem Radius von ca. 8 km vom Heim entfernt, das heiβt, in vertrautem Gebiet. Und die meisten Unfӓlle überhaupt passieren im vertrautesten aller Orte: im eigenen Heim.

Wenn Beziehungen in die Brüche gehen, so liegt es hӓufig daran, daβ die Partner einfach voraussetzen, daβ der oder die andere einfach da ist; Routine setzt ein, und Routine wird schnell zu fataler Langeweile und Unzufriedenheit. Man kӧnnte auch argumentieren, daβ Kirchen (und das gilt besonders für die etablierten Kirchen, wie die lutherische) deshalb schrumpfen, da die althergebrachten Arten und Weisen, wie wir Gottesdienst feiern, und Traditionen zur Routine geworden sind, in der der Sinn und die Bedeutung verlorengegangen sind. Schlimme Dinge passieren eher, wenn das Übel uns immer wieder auf den wohlvertrauten Wegen findet…

Weihnachten, so wie wir es kennen,  hӓtte wohl nicht stattgefunden, wenn die drei Weisen aus dem Morgenland den selben Weg zurück in ihr Land gereist wӓren. Herodes, der bӧse Charakter in der Weihnachtsgeschichte, hӓtte wohl herausgefunden, wo der bedrohliche neue Kӧnig zu finden wӓre, und Jesus wӓre wohl mit all den anderen Kleinkindern in Bethlehem ermordet worden, wenn die Weisen Herodes erneut in die Arme gelaufen wӓren. Das Übel hӓtte gewonnen. Aber die Weisen waren zum Glück weise genug, einen anderen und unerwarteten Pfad in ihr Land zu bereisen.

Bei Advent geht es um das Kommen des lang erwarteten Messias – und, ja, dieser Messias kommt oft zu uns auf ziemlich unerwartete und überaschende Art und Weise.  Bei Weihnachten geht es um die wunderbare und unerwartete Ankunft Jesu Christi in unserer Mitte.  Es ist nicht von ungefӓhr, daβ Johannes der Tӓufer, derjenige, der den Weg ebnet und vorbereitet, die Menschen aller Zeiten aufruft, umzukehren, neue Wege zu wӓhlen. Mӧge diese Zeit, da wir uns als einzelne und als Glaubensgemeinschaften auf das Kommen Christi in unsere Existenz vorbereiten, un seine Zeit der Reflektion sein: wo sind wir zu bequem und vielleicht sogar faul geworden, und lassen das Übel nur zu leicht in unser Leben dringen?  Welche Routinen sind schlecht für uns?  Was kӧnnten neue und unerwartete Wege sein, die zu Gutem führen?

Mӧge Ihr Weg mit Christus, der immer ein Abenteuer ist, gesegnet sein.