Heute ist Nikolaustag, ein Tag, der vielerorts in Deutschland gefeiert wird (und in den Niedelanden sowieso). Der heilige Nikolaus ist der Schutzheilige der Niederländer – doch ist er auch der Schutzpatron aller Kinder und Seefahrer. Am Abend vor dem Nikolaustag stellen vielerorts Kinder (und auch so manche Erwachsene) einen frisch geputzten Stiefel vor die Tür in der Hoffnung, daβ der Nikolaus ihn über Nacht mit Leckereien füllt.
 
Nun existierte der Nikolaus wirklich. Er war der Bischof von Myra, einem Ort an der Küste des Mittelmeers in der heutigen Türkei. Nikolaus starb im 4. Jahrhundert n. Chr. Er war als Verfechter der Orthodoxie bekannt.
 
Doch dann gibt es auch so einige Legenden vom Nikolaus. Heute möchte ich eine dieser Legenden nacherzählen, und zwar jene, die erklärt, warum Nikolaus der Schutzheilige aller Kinder und Seeleute ist. Nach dieser Legende gab e seine groβe Hungersnot in Myra. Eine Dürre hatte die Ernte auf den Feldern vertrocknen lassen. Die Menschen von Myra hungerten. Es gab besonders viele Todesfälle unter den Schwächsten – den Kindern.
 
Nikolaus war sehr bestürzt und betete ohne Unterlass für Hilfe. Eines Tages kame in groβes Frachtschiff, das auf dem Weg zu einem anderen Hafen war, in Myra eingelaufen, um Provisionen an Bord zu nehmen. Nikolaus, der zum Hafen geeilt war, als er das Schiff erspähte, muβte dem Kapitän leider sagen, daβ Myra der Mannschaft nichts geben konnten.
 
“Doch sage mir,” sprach Nikolaus, “was habt ihr geladen?”
“Nur vom feinsten Getreide,” antwortete der Kapitän.
“Guter Mann, wäret Ihr bereit, uns zu helfen und uns etwas von dem Getreide zu verkaufen? Wie Ihr seht, verhungern hier die Menschen,” bat Nikolaus.
Der Kapitän sah betrübt drein.
“Ach, wie gerne würde ich Euch helfen, doch ich muβ dieses Getreide an einen anderen Hafen liefern. Ich würde in Schwierigkeiten greaten, wenn ich mit weniger ankäme, als am Bestimmungsort erwartet wird.”
 
Der heilige Nikolaus gab nicht so schnell auf. Er holte tief Luft, sagte ein Stoβgebet, und sprach: “Ich bin davon überzeugt, daβ Gott Euch zu uns gesandt hat, um uns zu helfen. Gebt uns von dem Getreide, und ich verspreche Euch, daβ das Schiff genauso schwer und tief im Wasser liegen wird, wie es auch jetzt im Wasser liegt. Ihr werdet nicht merken, daβ etwas fehlt. Denn bei Gott sind alle Dinge möglich.”
 
Der Kapitän hatte so seine Zweifel, doch es das Leid der Kinder von Myra rührte ihn an. So gab er nach und verkaufte den Menschen der Stadt etwas von dem Getreide, das er geladen hatte.
 
Und wahrhaftig, das Wunder geschah: obwohl die Ladung leichter geworden war, lag das Schiff genauso tief im Wasser wie zuvor. Der Kapitän war über alle Maβen erstaunt, und in einigen Versionen der Geschichte heiβt es, daβ er sich zugleich taufen lieβ und ein Nachfolger Chrsti wurde.
Die Hungersnot in Myra fand ein Ende. Man erinnert sich seitdem an Nikolaus als einen mitleidigen und beharrlichen Mann, einen Wundertäter, als Freund der Kinder und Beschützer der Seefahrer.
 
Dies ist die Legende vom Nikolaus, die mich am meisten berührt. Sie fordert mich heraus – denn mein ‘Schiff’ ist recht voll geladen. Mir mangelt es nicht an materiellen Dingen, ganz im Gegenteil – ich habe mehr als genug. Würde es mir wriklich wehtun, wenn ich etwas davon entladen und weitergeben würde? Würde ich es spüren? Oder wäre mein Schiff noch genauso tief im Wasser wie zuvor?
 
Der Nikolaustag ist für mich nicht nu rein Tag, in meinen Stiefel zu schauen und mich über die Geschenke des Nikolaus (oder seiner irdischen Helfer) zu freuen – obwohl ich dies auch sehr mag. Der Nikolaustag ist für mich auch ein Tag, in mein Herz zu schauen und zu erwägen, wie ich von dem abgeben kann, was ich so reichlich empfangen habe.
Ich wünsche allen einen lustigen, munteren, freudigen und gesegneten Nikolaustag!