Jeder der Evangelisten – Matthӓus, Markus, Lukas, Johannes – erzӓhlt die Ostergeschichte etwas anders. Aber alle sind sich im Folgenden einig: Maria Magdalena spielt eine wichtige Rolle. Der Stein am Grab ist weggewӓlzt. Das gibt es zumindest einen Engel. Und dann ist da die Botschaft, daβ Jesus Christus von den Toten auferstanden ist.

Dies ist das Herzstück unseres Glaubens: daβ der Tod nicht das letzte Wort hat. Daβ Gott ein Gott der Liebe, ein Gott der Barmherzigkeit, ein Gott der Gnade und ein Gott des Lebens ist. Daβ das Leben letzendlich siegt, egal, wie widerwӓrtig oder hoffnungslos die Umstӓnde auch zu sein scheinen. Daβ es Hoffnung gibt. Immer.

Nun ist das Evangelium des Johannes, aus dem die heutige Evangeliumslesung stammt, das einzige, das die Ereignisse des Ostermorgens vor dem Anbruch der Dӓmmerung stattfiinden lӓβt. ‚Als es noch finster war,‘ so lesen wir, ‚Als es noch finster war, kommt Maria Magdalena zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weggenommen war‘. Als es noch finster, dunkel, war, passierte das Unglaubliche: Jesus erstand von den Toten.

Wenn Sie sich mit dem Johannesevangelium auskennen, dann wissen Sie vielleicht, dass Licht und Dunkel das Leitthema für Johannes sind. Wir finden es immer wieder in seinem Evangelium. Bereits im ersten Kapitel hören wir: ‘Das Licht scheint in der Finsternis, und und die Finsternis hat’s nicht ergriffen’ – vielleicht wӓre ‘überwunden’ eine zeitgemӓβere Übersetzung. Und diese Aussage, daβ die Finsternis das Licht nicht überwunden hat, findet in der Auferstehungserzӓhlung des Johannes seinen Höhepunkt: Als es noch finster war…

Nun gibt es viele, die denken, dass wir in recht finsteren und beӓngstigenden Zeiten leben. Da passieren viele Dinge in dieser Welt und in diesem Land, den USA, die so gar nicht mit den Lehren Christi vereinbar sind: den Lehren über Nӓchstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebung, Versöhnung, Demut, und der Selbstaufgabe zum Gemeinwohl. Und was ist aus Jesu Lehren zum Mitgefühl, zur Barmherzigkeit, geworden? Wir leben in einer Gesellschaft, in der so manche behaupten, dass sie an die Lehren Jesu glauben – doch dann denn erbarmungslosen Regeln des Sozialdarwinismus folgen, oder auch nur dem Darwinismus – Survival of the Fittest, Punkt, aus. Warum sollten wir uns um die Armen, die Fremden, die Immigranten, die physisch oder psychisch Kranken, die Alten, scheren? Warum sollten wir Mitgefühl mit jemanden haben, der oder die doch eigentlich nichts mit unserem Leben zu tun haben?

Aber Jesus spricht: Was ihr einem der Geringsten dieser angetan habt, das habt ihr mir getan.

Wir wissen nicht, was die Zukunft für diese Welt bringen wird. Da gibt es den Klimawandel, die erbarmungslose Ausbeutung der Schöpfung, Waffengewalt, Handelskriege, Sӓbelrasseln, die Rufe nach vorsorglichen, pre-emptiven Kriegen anstelle von Diplomatie – alles, was wir tun können, ist Schritt für Schritt in diese Zukunft zu gehen, in das Ungewisse, in die Finsternis.

Und es mag Zyniker geben, die denken, dass es vielleicht ja ganz gut paβt, dass wir dieses Jahr Ostern am ersten April feiern – dass die Ostergeschichte nichts weiter als ein nettes Mӓrchen ist, zu gut, um wahr zu sein, ein genialer Scherz. April, April! Wie können wir nur das Unglaubliche glauben? Und selbst wenn wir glauben, dass an der Ostergeschichte etwas dran ist – wie können wir Hoffnung haben, wie können wir Freude verspüren und fröhlich ein, wie können wir darauf vertrauen, dass es neues Leben in Zeiten wie den unseren gibt?

Doch: als es noch finster war, fand Maria Magdalena, dass der Stein weggerollt war. Als es noch finster war, brach das Leben aus dem Grab hervor.

Wӓhrend es noch finster ist in unserer heutigen Welt hören wir die lauten Stimmen unserer Kinder und Enkelkinder, die schreien: ‘Enough is enough! Es reicht – wirklich!‘

Wӓhrend es noch finster ist, gehen Menschen auf die Straβe, um gegen die Mӓchte des Todes zu demonstrieren.

Wӓhrend es noch finster ist, zeigen Online Spendenorganisationen wir ‚GoFundMe‘, dass Menschen Mitgefühl mit Menschen haben, die sie vielleicht gar nicht kennen.

Wӓhrend es noch finster ist, arbeiten Menschen, Organisationen und sogar Regierungen daran, neue und innovative Wege zu finden, um die kostbaren Ressourcen dieses Planeten zu bewahren und zu erneuern.

Wӓhrend es noch finster ist, helfen Organisationen wie Lutheran Social Services hier in San Francisco und Lutheran World Relief und Lutheran Disaster Response weltweit Menschen wieder auf die Beine.

Wӓhrend es noch finster ist, setzen sich Menschen für jene am Rande der Gesellschaft ein und kӓmpfen für Gerechtigkeit.

Wӓhrend es noch finster ist, gibt es die, die es wagen, die Wahrheit zu sagen, auch, wenn sie von Lügnern umgeben sind.

Wӓhrend es noch finster ist, ersteht Christus und überwӓltigt den Tod immer dann und dort, wo Worte der Liebe gesprochen und Taten der Barmherziglkeit getan werden.

Wӓhrend es noch finster ist, sehen wir, wie das Leben auch an scheinbar leblosen und hoffnungslosen Orten durchbricht. Wӓhrend es noch finster ist, gibt es da diesen Glimmer, diesen Funken. Das Licht scheint in der Finsternis, und die Dunkelheit hat’s nicht überwunden. Das Leben findet seinen Weg. Es ist starrsinnig, es ist beharrlich, es findet immer neue Wege, durchzubrechen, wenn die alten Wege verstellt sind; aus der Dunkelheit hinaus, aus dem Tod hinaus, in das Licht.

Wӓhrend es noch finster ist, gibt es da die Ostergeschichte und das Osterversprechen eines neuen Lebens. Und dies verwandelt Sie und mich in neue Kreaturen, befreit, von Gnade umfangen, erfüllt mit Liebe. Und so werden wir in die Welt gesandt, um das Licht der Welt zu sein – ein Licht, das die Dunkelheit nicht überwinden kann.

Denn: der Herr ist auferstanden, halleluja! Er ist wahrhaftig auferstanden, halleluja!

 

Foto von Josh Felise, Unsplash.com