Predigt zu Lukas 24,44-53; Apostelgeschichte 1:1-11; 6. Sonntag nach Ostern / Himmelfahrt Christi Mai 2015

Ascension

Vor Jahren, als ich meine erste Stelle als Pastorin in San Jose antrat, hatte ich einen wundervollen Kollegen, der Hauptpastor an der örtlichen Methodistengemeinde war. Dieser Kollege war kurz davor, in den Ruhestand zu gehen.  Und als wir so in der ökumenischen Kollegengruppe zusammensaβen, fragt ihn jemand: “Was sind Deine Hoffnungen, da Du nun das Pfarramt verläβt und in Pension gehst?” Und der methodistische Kollege antwortete mit einem Lächeln: “Auf unseren Kirchen Camus gibt es eine Bank. Darauf ist eine Plakette, die einem ehemaligen Pastor hier gewidmet ist.  Und auf dieser Plakette wird diesem Pastoren für all das gedankt, was er für unsere Gemeinde getan hat, und daβ man sich immer an seine Güte und seinen Einfluβ erinnern wird. Ich hoffe, daβ sich jemand sich in ähnlicher Weise an mich erinnern wird. Ich würde gerne die Gewiβheit haben, daβ ich irgendwie Spuren hinterlasse, und daβ ich etwas Gutes in den Menschen in der Gemeinde bewirken konnte.”

Nun weiβ ich, daβ dieser Pastor sehr beliebt in seiner Gemeinde war. Er hatte sie mir Weisheit und Güte viele Jahre lang geleitet und begleitet. Allein daran zu denken, daβ er nicht irgendwie Einfluβ auf das Leben der Menschen in der Gemeinde gehabt haben könnte, war absurd. Natürlich hatte er seine Spuren hinterlassen.  Und dieser Pastor wurde auch sehr vermiβt, nachdem er die Gemeinde verlassen hatte.

Doch etwas rührte mich an, als dieser Mann von seiner gröβten Hoffnung sprach.  Ist dies nicht, worauf wir alle hoffen – daβ wir irgendwie Spuren im Leben anderer hinterlassen und einen guten Einfluβ haben? Daβ es wichtig ist, daβ es uns gibt, und daβ sich Menschen an uns erinnern – auch wenn wir uns vielleicht gar nicht mehr an sie erinnnern? Ich denke, daβ wir häufig keinen blassen Schimmer darüber haben, welchen Einfluβ wir auf andere Menschen haben, mit denen wire in Stück des Lebensweges gemeinsam gehen. Wir wären wahrscheinlich manchmal ganz schӧn überascht, wenn wir wüβten, wieviele Menschen sich mit Dankbarkeit an uns erinnern.

Denken Sie nur einmal an all die Menschen, die ihre Spuren in Ihrem Leben hinterlassen und Sie zum Guten beeinfluβt haben haben – Eltern, Verwandte, Lehrerinnen, Lehrmeister, Freunde. Vielleicht eine Krankenschwester, die Sie dann nie wieder gesehen haben. Wir alle kennen doch solche Menschen, nicht wahr? Ich hatte eine schwierige Phase in meinen Teenager Jahren, und da gab es dann zum Glück so einige Leute, die für mich Vorbilder und Mentoren waren – and an jenen erinnere ich mich bis heute mit Dankbarkeit zurück. Einige sind seitdem verstorben,  doch gibt es da z.B. eine Jugengruppenleiterin, mit der ich noch heute befreundet bin.  Und diese gute Frau ist ganz erstaunt, daβ sie mir solch ein groβes und wichtiges Vorbild gewesen ist. Ich weiβ, daβ ich auf meinem Lebensweg ein Stückchen von diesen Menschen mit mir trage. Ohen sie wäre ich heute nicht die, die ich bin.

Als die heutigen Lesungen habe ich die Lesungen für den Himmelfahrtstag gewählt, also für den Feiertag, an dem wir uns daran erinnern, wie Jesus gen Himmel fuhr, nachdem er 40 Tage mit seinen Jüngern auf der Erde nach seiner Auferstehung verbracht hatte. Zum einen wählte ich diese Lesungen, da wir kaum eine Chance haben, mal die Himmelfahrt zu feiern, da dieser Tag immer auf einen Donnerstag fällt und in diesem Lande, im Gegensatz zu Deutschland, kein freier Tag ist. Zum anderen bin ich von der Himmelfahrt fasziniert – und schlieβlich ist Christi Himmelfahrt für die Kirche so wichtig, daβ sie sogar in dem Glaubensbekenntnis erwähnt wird, das wir jeden Sonntag rezitieren: aufgefahren in den Himmel…

Nun gibt es jede Menge an Illustrationen der Himmelfahrt Christi.  Es ist eines der beliebtesten Motive in kirchlicher Kunstgeschichte.  Und auf diesen Bildern sehen wir dann zumeist Jesus, eine ätherische Figur ganz in weiβ, wie er gen Himmel entschwebt; meist mit einem entrückten Blick, der gen Himmel gerichtet ist, und von Engeln umschwebt. Alldieweil schauen Jesu Jünger dem Spektakel vom Boden aus zu. Diese Bilder betonen die Ehre und Majestät Christi, der nun zur Rechten Gottes, des Allmächtigen Vaters, sitzen wird, bis er kommt zu richten die Lebenden und die Toten.

Doch Albrecht Dürer, der bekannte deutsche Künstler des späten 15. und frühen 16. Jh., stellt die Himmelfahrt etwas anders dar – und Sie können seine Interpretation oben sehen. Dies ist nicht etwa ein Ausschnitt eines Bildes – eines Holschnittes, um exakt zu sein – sondern das gesamte Werk. Man sieht die Füsse Jesu, der wie auf einem unsichtbaren Fahrstuhl gen Himmel gehoben wird. Und das Hauptaugenmerk ist nicht auf Jesus gerichtet, sondern auf das, was auf Erden geschieht. Wir sehen vor allem die Jünger, die hier übrigens männlich und weiblich sind, und wie sie auf diese Ereignisse reagieren.  Einige scheinen ganz entrückt zu sein. Aber dann gibt es auch die, die Entsetzen, Überaschung, sogar Panik zeigen. Im Hintergrund ist eine Hand, die so interpretiert werden könnte, daβ da jemand Gott preist – aber dann auch so, daβ da jemand Jesus wieder auf die Erde zurückziehen möchte. Einige der Jünger scheinen dazu bereit zu sein, Jesus ziehen zu lassen – aber andere eben nicht.

Und wer könnte es ihnen verdenken? 40 Tage lang waren die Jünger, die Nachfolger, mit der Gegenwart des auferstandenen Christis gesegnet gewesen. Deshalb feiern wir übrigens die Himmelfahrt 40 Tage nach Ostern. Und es war wieder so, wie es vor der Kreuzigung gewesen war – Jesus und seine Nachfolger waren wiedervereint und zusammen. Natürlich ist es einfach, solch einem Mann aus Fleisch und Blut nachzufolgen. Doch nun wird ihr Meister erneut von ihnen genommen, wenn auch nicht unter solch grausamen Umständen wie das erste Mal.  Sie werden erneut auf dieser Erde zurückgelassen, ganz auf sich gestellt.

Nun hat die Zahl 40 eine besondere Bedeutung in diesem Zusammenhang. Es ist nicht eine zufällige Zahl. sondern ist im Judaismus eine Nummer, die Vollendung symbolisiert. Es regnete 40 Tage und Nächte, als Noah auf der Arche war – und dann dauerte es nochmals 40 Tage, bis sich die Wasser soweit verlaufen hatten, daβ Leben wieder auf der Erde möglich war. Das Volk Israel muβte nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre in der Wüste umherziehen, bevor es ins gelobte Land einziehen durfte. Jesus verbrachte 40 Tage in der Wüste nach seiner Taufe, bevor er seine Mission begann. Die Zahl 40 symbolisiert eine notwendige Reise und Vorbereitung, bevor die Zeit erfüllt ist, und etwas neues geschehen kann.

Die Nachfolger Jesu hatten 40 Tage, um sich vorzubereiten, und nun ist es Zeit für sie, um weiterzugehen und etwas neues zu tun. Und wozu wurde sie vorbereitet? Dort weiterzumachen, wo Jesus aufgehört hat. Um das Vermächtnis Jesu zu leben und weiterzugeben. Jesus Christus hat schlieβlich seine Spuren im Leben der Jünger und Jüngerinnen hinterlassen. Dürer stellt dies auf genial Weise in seinem Holzschnitt dar. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie entdecken, daβ da Fuβabdrücke im Felsen sind, von dem Jesus abhebt, und der übrigens auch wie ein Globus aussieht. Ist es nicht erstaunlich, wieviel mit nur dieser Symbolik ausgesagt wird? Jesus Christus hat seine Spuren im Leben der Nachfolger und der Welt hinterlassen. Und die Fuβabdrücke zeigen übrigens auch, daβ Christus nach der Auferstehung ein Mensch aus Fleisch und Blut was, und kein Geist. So, wie wir auf unserem Lebensweg von gewissen Menschen beeinfluβt wurden – so, wie wire in Teil von ihnen in uns tragen und ihr Vermächtnis weitergeben – so tragen die Anhänger nun Christus in sich, während sie sein Vermächtnis in die Welt weitertragen.

Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt, ist ein wichtiger Aspekt unseres Glaubens und betont die Majestät Christi – doch ist es ebenso wichtig, was auf Erden geschieht, da wir, die Nachfolger Christi heute, als der Leib Christi leben und sein Vermächtnis weitergeben. Die Gegenwart Christi heute wird hauptsächlich dadurch erfahren, was wir im Namen Jesu Christi sagen und tun. Er hat seine Spuren in uns hinterlassen – vielleicht nicht gerade in der Form von Fuβabdrücken, obwohl ich dieses Bild irgendwie mag – doch auf jeden Fall durch das Kreuz, mit dem wir am Tag unserer Taufe und vielleicht auch später gezeichnet wurden. Christus fuhr auf in den Himmel, doch hat uns zurückgelassen, um das Werk Gottes auf Erden zu tun. Was wir auch tun, wir tun es als jene, die Christi Namen und Zeichen tragen. Christus mag heute nicht physisch unter uns gegenwärtig sein, doch ist er immer noch in uns und bei uns und durch uns.

Nun sagen wir heute Lebewohl zu einer besonderen jungen Frau, die hier unter uns ihre Spuren hinterlassen hat.  Heute ist Erikas letzter Sonntag bei uns als Parish Teaching Student. Und ist es nicht bezeichnend, daβ sie, so Pi mal Daumen, 40 Wochen mit uns verbracht hat? Erika ist eindeutig eine Person, auf der Jesus Christus seine Spuren hinterlassen hat. Ich kann seine Fuβabdrücke überall in ihrem Leben sehen, und ich hoffe, Sie können es auch. Ich denke, daβ ich für Sie alle spreche, wenn ich ‘Danke’ sage. Thank you, Erika!  Thank you for sharing your wonderful gifts with us.  Thank you for walking with us these past 40 weeks.  The time now has been fulfilled, and it’s time for you to move on. And I know you are ready. We will miss you, and we will always carry a piece of you as we go into the future, God’s future. And I know you will be doing very well as you continue your journey. Lebewohl, und Gott sei mit Dir.

Auf der anderen Seite hoffe ich auch, daβ wir unsere Spuren im Leben Erikas hinterlassen haben. Daβ wir dabei helfen konnten, diese junge Frau zu einer zukünftigen Leiterin in der Kirche zu machen. Daβ wir irgendwie einen guten Einfluβ auf ihre Ausbildung und ihr Leben gehabt haben. Und daβ sie ein Stück von uns in ihrem Herzen tragen wird, da sie nun unsere Kirche verläβt.

Möge Gott sie segnen. May God bless you, Erika, as you continue to pursue your call.  Und möge Gott auch weiterhin mit uns allen sein, da wir dazu berufen sind, Christi Gegenwart in der heutigen Welt zu sein – da wir dazu berufen sind, Gottes Spuren im Leben anderer zu hinterlassen.

Amen