Predigt zu Lukas 4, 14-21; Dritter Sonntag nach Epiphanias – 24. Januar 2016

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Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält und ein Produkt vertreibt, hat ein Motto, einen Slogan – etwas, das uns darauf hinweist, worum es bei dem Produkt dieser Firma geht. Schauen wir einmal, ob wir uns an ein paar Slogans erinnern. Haribo – (macht Kinder froh, und Erwachs’ne ebenso).  Milka – (die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt). Ritter Sport – (quadratisch, praktisch, gut). Persil – (da weiß man, was man hat).

Und hier in den USA gibt es das natürlich auch. McDonalds: I’m loving it. Apple Computer: Think different.  BMW: The ultimate Driving Machine.  Nike: Just do it!  VW: Das Auto. L’Oreal: Because I’m worth it.

Es geht hier um den Erkennungswert einer Marke, je einprägsamer ein Spruch, desto besser – und dann sagt so ein Slogan ja auch viel über die Firma oder ihr Produkt aus. Und wenn’s gut gamacht ist, dann funktioniert es auch, wir haben es ja gerade gesehen.

Natürlich wollen wir wissen, worum es bei einem bestimmten Produkt geht, bevor wir es erwerben. Wir kaufen die Katze schließlich nicht im Sack. Und manchmal kaufen wir ja auch nicht nur ein Produkt, sondern die Philosophie, die dahinter steckt. Apples „Think different‘, also ‚Denk anders‘, und Nikes ‚Just do it‘ – ‚Mach’s einfach‘ sind ein Ausdruck solcher einer Firmenphilosophie, die über das Produkt hinausgeht.

Nun haben die meisten Firmen, zumindest hier in den USA, nicht nur einen Slogan oder ein Motto, sondern auch ein ‘Mission Statement’, eine Missionerklärung. Nun sind diese Erklärungen dann nich etwas länger und umständlicher. Aber schauen wir mal, ob wir herausfinden können, welche Firma hinter dem folgenden Mission Statement steckt. ”Unsere Vision ist, die beste schnelle Restaurant erfahrung zu bieten. Die Besten zu sein bedeutet für uns, hervorragende Qualität, hervorragenden Service und hervorragende Sauberkeit und hervorragende Preise anzubieten, so daß wir alle Kunden zum Lächeln bringen.“ Klingt irgendwie besser auf englisch, ich gebe es zu. Nun, welche Firma ist dies? McDonald’s! Ob McDonald’s immer seinem Mission Statement gerecht wird, sei einmal dahingestellt…

Nun sagen uns Mission Statements etwas mehr über eine Firma und ihre Produkte aus als lediglich ein Slogan. Wir wollen mehr wissen. Wir wollen mehr Klarheit, mehr Transparenz. Das sehen wir auch in der Politik. Ein Grund dafür, warum es z.B. in diesem Land einen Prӓsidentschaftswahlkampf und Debatten gibt, ist natürlich unser Bedürfnis nach Information: wofür stehen die Kandidaten und Kandidatinnen? Was gedenken sie, für dieses Land und seine Einwohner und Einwohnerinnen zu tun?

Aber dann haben die Prӓsidentschaftskandidaten natürlich auch ihre Slogans, wie ‘Heal, Inspire, Revive’ – ‘Heilen, Inspirieren, Wiederbeleben (Carson); ‘Reigniting the Promise of America’ – ‘Facht die Hoffnung für Amerika wieder an’ (Cruz), ‘A political revolution is coming’ – ‘Eine politische Revolution kommt’ (Sanders), oder ‘Make America Great Again’ – ‘Macht Amerika wieder groβartig’ (Trump). Und diese Slogans fassen dann kernig zusammen, worum es dann angeblich bei den Programmen der Kandidaten und Kandidatinnen geht.

Im Evangelium des heutigen Tages tritt Jesus zum ersten Mal ӧffentlich nach seiner Taufe auf, jedenfalls nach Lukas. Letzten Sonntag hӧrten wir, wie Jesus, dem Johannesevanglelium zufolge, seine erste Tat vollbrachte – eine Tat, die darauf hinweist, worum es bei Jesu Mission geht: er verwandelte Wasser in Wein und wies damit auf das Vergieβen seines Blutes hin, das alle Welt reinigen wird. Heute hӧren wir die ersten offiziellen Worte, die Jesus nach seiner Taufe spricht. Und diese Worte stammen aus Jesaja, genauer gesagt Kapitel 61, und dies sind Worte, bei denen es um das Kommen und die Mission des Messias geht. “Der Geist des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, daβ sie frei und ledig ein sollen; zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.”  Und dann fügt Jesus hinzu: “Heute ist das Wort dieser Schrift erfüllt vor euren Ohren.”

Jesus, erüllt mit dem Heiligen Geist, gibt hier so etwas wie seine Wahlkampfrede, ein programmatische Rede, ab; er sagt mit sehr klaren Worten an, was seine Mission ist; er offenbart den Hӧrern alles, was sie wissen müssen. Und er offenbart dabei auch, wer er ist: der lang verkündete Messias. Und seine Mission ist, das Leid in der Welt hinwegzunehmen, indem er den Blinden Sicht schenkt, allen Unterdrückten und Gefangenen Freiheit schenkt, und allen Gottes Gnadenjahr zu verkünden – und das heiβt im jüdischen Kontext, daβ dies ein Jahr oder eine Zeit ist, in der Schuld vergeben wird und allen eine neue Chance zum Neuanfang gegeben wird. Jeder fӓngt wieder bei null an.

Und, wenn Sie sich das Evangelium durchlesen, dann folgt Jesus seinem Mission Statement bis zum i-Tüpfelchen, bis hin zu seinem Tod am Kreuz für die Vergebung aller.

Im heutigen Evangelium hӧren wir also alles über die Mission Jesu. Und wenn wir einen Slogan für Jesus Christus finden müβten, dann wӓre es vielleicht etwas wie: Jesus Christus: gottgesandt, geisterfüllt, voll guter Nachricht, Befreier, Heiler, Erretter – der Messias. Oder, um es noch kürzer und einprӓgsamer zu machen: Jesus Christ – because we’re worth it. Jesus Christus – weil wir es wert sind.

Und nun sind wir hier, die Kirche, und wir werden der LEIB Christi genannt. Wir sind also heute Stellevertreter Christi auf Erden. Christi Mission ist auch unsere Mission – zu heilen, frohe Botschaft zu bringen, die Gefangenen zu befreien, den Unterdrückten zu helfen, zu vergeben und allen eine neue Chance zu geben. Jesu Mission Statement sollte also auch irgendwie unser Mission Statement sein.

Nun hat jede Freiwilligenvereinigung, also auch jede Kirche, in den USA ein Mission Statement als Teil ihrer Satzung. Schauen wir uns also einmal das offizielle Mission Statement der Matthӓusgemeinde an – und das war übrigens gar nicht so leicht zu finden. “Die Kirche ist ein Volk, das durch Gott in Jesus Christus gegründet ist, dem die Kraft des Heiligen Geistes gegeben ist, und das dazu berufen ist und gesandt ist, Zeugnis für Gottes schӧpferische, erlӧsende und heiligende Aktivitӓt in der Welt zu sein.”

So, und jetzt wiederholen wir das alle einmal gemeinsam. Nein, natürlich nicht, das ist alles recht kompliziert und gestelzt, selbst für unsere Ohren. Aber was denken Sie, ist dieses Mission Statement angemessen, wenn wir an die Mission Christi denken? Generell schon. Da ist nichts an dem Statement auszusetzen, auβer, daβ man zweimal oder dreimal nachlesen muβ, um zu verstehen, was da eigentlich gesagt wird.

Eine andere Frage: drückt unser Mission Statement aus, worum es ganz speziell bei unserer Mission hier geht? Da ist das Statement dann doch sehr generell, wie das Statement einer Unternehmenskette. Und wir sind natürlich auch im gewissen Sinne Teil einer Kette, der Lutherischen Kirche in Amerika. Aber denken Sie einmal darüber nach, was unser Mission Statement sein kӧnnte, wenn Sie sich mal Firmen auf dem freien Markt anschauen. Apple z.B. verkauft nicht nur Computer, sondern auch Coolness, Innovation, und denkt anders – think different! McDonald’s bietet nicht nur Fast Food an, sondern verspricht auch ein Lӓcheln auf unseren Gesichtern und eine positive Erfahrung – I’m loving it!

Wir haben hier so vieles, das uns von anderen Kirchengemeinden unterscheidet. Zum einen sind wir als die ‘Deutsche Kirche’ hier in der Bay Area bekannt; unsere Wurzeln sind deutsch, und bis zum heutigen Tage versuchen wir, insbesondere (aber nicht ausschlieβlich) die zu erreichen, die entweder deutsch sprechen oder irgendeinen Bezug zu deutscher, schweizer oder ӧsterreichischer Kultur haben. Wir sind eine Gemeinschaft von Immigranten – oder deren unmittelbare Nachkommen. Wir wissen, was es heiβt, in einem anderen Land neu anzufangen, also kӧnnen wir all jenen eine Heimat hier bieten, die aus irgendeinem Grunde ihre Heimat verlassen haben oder auch sonst nach einem Stück Heimat suchen. Ich denke, diese Gemeinde hat viel mit ‘Heimat’ zu tun.

Wir sind auch mit diesem wunderbaren Gottesdienstraum gesegnet, der sich besonders dazu eignet, Gott durch Musik zu preisen. Wir haben eine tolle Orgel, die, dank Ihrer Spenden, auch bald voller und reiner erklingen wird. Wir haben wunderbare Musiker, wie David and der Orgel, Sam als Kantor, und dann all jene Chӧre, Gruppen, und Soloisten, die hier mindestens einmal im Jahr mit Gottesdienst feiern – und einige von Ihnen sind da ein Teil von. Heben Sie doch bitte einmal die Hand. Danke! Und dann sind da natürlich Sie alle, die diesen Raum mit freudigem Klang erfüllen.

Meinen Sie nicht, daβ wir etwas mutiger sein kӧnnten, wenn wir der Welt da drauβen erzӓhlen, wer wir hier eigentlich sind? Und daβ wir auch weitaus konkreter mit unserem Mission Statement sein kӧnnten: Die Matthӓusgemeinde ist der Leib Christi. Wir nehmen die frohe Botschaft von Gottes Reich, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen, willig auf, und bestreben uns, diese frohe Botschaft zu verkündigen –  durch Lieder, gute Taten, und furchtlos gesprochene Worte der Gnade und Gerechtigkeit. Als jene, die Heimat hinter uns gelassen haben, wissen wir, wie es ist, eine neue Heimat zu finden, und wir streben danach, all jene zu begrüβen, die eine Heimat bei Gott uns in unserer Gemeinschaft suchen. Unsere deutsche Sprache und Kultur ist eine besondere Gabe, die uns dabei hilft, besonders jene anzusprechen, für die die deutsche Sprache oder Kultur wichtig ist. Dies ist unsere Mission. Dies ist, wozu Christus uns beruft, an diesem Ort und in dieser Zeit.

Immer noch zuviele Worte, aber etwas klarer. Und wenn Sie eine andere Idee haben, lassen Sie es mich wissen!

Ich hoffe, daβ wir als der Leib Christi an diesem Ort, eine Kirche mit all den wunderbaren Gliedern und Gaben, unsere Mission nie aus den Augen verlieren – und Gottes Vision, die weit über unsere Vorstellungen hinausreicht.

Und unser Motto?  Vielleicht: Wir sind St. Matthӓus, die deutsche Kirche – nicht nur für Deutsche, sondern für alle, die eine Heimat mit Gott finden wollen. Willkommen!