2014 Advent Reflektionen – “Türen und Pfade”; Dienstag, den 9. Dezember

golden gate

“Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.”

1. Korinther 13,12, Lutherbibel

Die Golden Gate Brücke ist eines der bekanntesten und erkennbaren Bauwerke der Welt. Sie spannt die ‘Golden Gate’, eine enge Passage, welche den Pazifischen Ozean mit der Bucht von San Francisco verbindet. ‘Gate’ heiβt ‘Tor’ im deutschen, und das ‘Goldene Tor’ führt nicht nur nach San Francisco, sondern war im 19. Jahrhundert auch das Tor zum Sacramento Fluβ und den dahinter liegenden Goldfeldern.  Somit wurde die Golden Gate zum Symbol für die Chance zum Reichtum.

Nun waren europӓische Entdecker bereits im 16. Jahrhundert die nordkalifornische Küste entlanggesegelt; jedoch wurde nie von der Entdeckung dierser enges Passage berichtet.  Womӧglich wurde die Golden Gate auch zunӓchst gar nicht entdeckt. Erst im Jahre 1769 wird erstmals von der Golden Gate berichtet – und selbst dann wurde sie vom Landwege aus entdekt, nicht von der Seeseite. Wie konnte die Golden Gate nur so lange dem Auge der seefahrenden Entdecker verborgen bleiben?

Nun weiβ jeder, der sich in San Francisco und umzu auskennt, daβ es hier den ach so typischen Nebel gibt. Durch das hier typische sogenannte ‘Inversionswetter’ gibt es sehr dichten Nebel an der Küste, gerade im Sommer, der quasi alles verhüllt. Die Passage der Golden Gate war so lange verborgen und verhüllt und wurde nicht entdeckt, obwohl sie schon seit dem Ende der letzten Eiszeit existierte.

In dieser vorweihnachtlichen Saison mӧgen wir denken, daβ wir wissen, was am Ende des Weges durch den Advent liegt: die Geburt Jesu Christi, des Heilands, da Engel und Hirten seine Geburt verkünden. Wir erwarten Jesus, das Kind in der Krippe.  Gott wird Mensch.  Und wir mӧgen denken, daβ wir wissen, was da ablӓuft; wir mӧgen denken, daβ wir klar sehen. Wir mӧgen denken, daβ wir diese Wasser schon gesegelt sind, and daβ wir wissen, wer Gott ist.

Doch wenn wir so denken, kӧnnten wir feststellen, daβ Gott uns doch irgendwie verborgen bleibt. Da wir gewisse Erwartungen haben, suchen wir nach Gott an all den vertrauten Orten – und kӧnnten Gott doch glatt übersehen und verpassen. Denn Gott offenbart sich uns in mannigfaltigen  Arten und Weisen. Das originale griechische Wort für ‘Offenbarung’, das wir in der Bibel finden, bedeutet: den Schleier wegziehen, oder Enthüllung; ich füge als freie Übersetzung ‘Entnebelung’ hinzu. Gott kann in mancherlei Situationen ‘enthüllt’ werden.  Und manchmal kann es sein, daβ wir blind sind und dort keine Tür, kein Tor entdecken, das Gott uns doch geӧffnet hat, und uns einlӓdt, das Gӧttliche in unserem Leben zu erfahren.

Sogar der Apostel Paulus gibt zu, daβ selbst er nur eine dunkle Ahnung hat, wer Gott ist. Und daβ wir allesamt auf die letztendliche Offenbarung Gottes warten müssen, wenn wir wahrlich sehen und verstehen werden.

Doch das sollte uns nicht davon abhalten, auch jetzt schon unsere Augen offenzuhalten – gerade in dieser Zeit der Erwartung der Ankunft Jesu Christi. Gott kӧnnte uns in Gottes Erscheinen überraschen. Zwar mӧgen wir Gott in diesem Leben nie ganz verstehen – und wir sollten nie vorschützen und behaupten, daβ wir Gott oder Gottes Willen gӓnzlich verstehen – doch sollten wir danach streben, Gott jeden Tag ein biβchen mehr zu entdecken, und diese Entdeckungen unseren Mitreisenden auf dem Weg des Lebens mitzuteilen.