Predigt zu Johannes 6, 35, 41-51; 12. Sonntag nach Trinitatis – 9. August 2015

bread sacrifice

 

Sie haben wahrscheinlich von dem schrecklichen Mord and der 8 jährigen Madyson – Maddy – Jordan Middleton in Santa Cruz gehört. Maddy wurde von einem 15 jährigen Nachbarsjungen vergewaltigt und getötet. Dieser Mord hat die Apartmentsiedlung, wo das Opfer als auch der Täter lebten, aufgewühlt. Und auch ganz Santa Cruz ist erschüttert. Gendenkstätten für Maddy sind an verschiedenen Stellen in der Stadt zu finden, Menschen haben sich zu Mahnwachen zusammengefunden, und am 31. Juli, dem Tag des ‘blauen Mondes’, haben viele Sympathisanten mit der Mutter Maddys, Laura, ihre Trauer dem Mond entgegengeheult.

Laura Jordan, Maddys Mutter, hat die Welt dadurch erstaunt, daβ sie, trotz ihres eigenen Schmerzes und ihrer eigenen Trauer, doch auch Mitgefühl für das Leiden anderer hat. Sie ist immer noch mit der Mutter des Täters befreundet und macht ihr keinerlei Vorwürfe – denn sie erkennt, daβ es der 15 jährige Täter mit psychischen Problemen zu tun hat. Laura Jordan weiβ, daβ er – als auch viele andere wie er – Hilfe brauchen

Viele haben Geld gespendet, um der Familie Maddys finanziell in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Das Spendenaufkommen war sogar so groβ, daβ sich Laura Jordan dazu entschlossen hat, viele der Gelder weiterzuspenden, und zwar an Organisationen und Institutionen, die sich darum bemühen, Verständnis für psychisch Kranke durch Aufklärungsarbeit zu gewinnen, und die es sich zum Ziel gesetzt haben, solchen Menschen durch Präventivmaβnahmen zu helfen.

In einem Interview sagte Laura Jordan: “My daughter was sacrificed, but she didn’t die in vain. So much good is coming from her death.” – “Meine Tochter wurde geopfert, doch ist sie nicht vergeblich gestorben.  Soviel Gutes geschieht durch ihren Tod.”

Meine Tochter wurde geopfert, doch ist sie nicht vergeblich gestorben. Soviel Gutes geschieht durch ihren Tod.  Natürlich wollen wir nicht, daβ ein gewaltsamer Tod umsonst ist. Natürlich hoffen wir, daβ etwas Gutes dabei herauskommt – mehr Aufmerksamkeit, und irgendeine Art von Veränderung und Wandlung. Wir hoffen, daβ dieser sinnlose Tod doch irgenwie Sinn macht. Ein Opfer darf einfach nicht vergeblich geschehen.

All dies machte mich nachdenklich. Was, genau, ist eigentlich ein Opfer?  Ja, auf der einen Seite ist ein Opfer jemand, der oder die von einer Gewalttat betroffen ist. Auf der anderen Seite denken wir über ein Opfer als etwas nach, das für etwas freiwillig gegeben wird.  In unserer heutigen Zeit verstehen viele ein Opfer als etwas, das wir aufgeben, um etwas besseres zu gewinnen, oder etwas zu gewinnen, das uns wichtiger ist als das Opfer selbst. Jede Mutter und jeder Vater hier wird wohl bestätigen können, daβ man schon viele Opfer bringen muβ, wenn man ein Kind groβzieht – von den schlaflosen Nächten in der Säuglingszeit bis zu den irren Preisen, die wir für’s College zahlen. Wir bringen diese Opfer, da uns das Wohlergehen unserer Kinder am Herzen liegt, es ist uns eben wichtiger als unsere egoistischen Interessen.

Es gibt jene, die das Familienleben einer Karriere wegen opfern – und umgekehrt. Models geben in der Regel alles anständige Essen auf, um ihrer Traummaβe und ihrer Karriere willen – das ist das Opfer, das sie bringen. Top Athleten verbringen unheimlich viel Zeit im Training, um eben top zu sein und zu bleiben, und geben dafür häufig ein gescheites Sozialleben auf.

Und ein Opfer tut normalerweise auch weh, zumindest ein biβchen. Denn wir geben meistens etwas auf, das uns doch auch wichtig ist, wie z.B. Schlaf wenn wir einen Säugling haben. Auch, wenn wir dafür etwas gewinnen, das uns wichtiger ist, tut es doch weh.

Die ursprüngliche Bedeutung von Opfer kommt natürlich aus dem Bereich des Religiösen. Seit der menschlichen Urgeschichte haben Menschen den Göttern Opfer dargebracht – von Früchten des Feldes über Tieropfer bis hin zu Menschenopfern. Es scheint so, als hätten Menschen es schon immer verstanden, daβ die Beziehung zu Göttern – oder Göttinnen – Opfer verlangt; daβ man etwas aufgeben muβ, um etwas besseres zu bekommen, etwas, daβ zeigt, daβ man in der Gunst der Götter steht.

Auf der anderen Seite wurden Opfer schon immer auch als ein Dank für etwas dargebracht, daβ die Gottheit gewährte, wie z.B. Regen, eine gute Ernte, oder einen Sieg über Feinde. In diesem Sinne waren Opfer immer dazu gedacht, entweder bitte zu sagen – bitte, Gott, gib mir dieses oder jenes – oder danke.

In der Geschichte des Volkes Israel finden wir genau dieses Verständnis von Opfer. Wie oft lesen wir im Alten Testament von wohlriechenden Brandopfern?  Es fängt schon mit Kain und Abel an; wir lesen, wie Gott dem Abraham gebietet, seinen Sohn Isaak zu opfern (was dann zum Glück aber doch nicht geschieht); und dann hören wir von all den Brandopfern mit makellosen Tieren im Jerusalemer Tempel. Selbst Maria und Josef bringen noch ein Brandopfer als Dank für die Geburt Jesu dar.

Und in der ganzen Bibel lesen wir, daβ eine Beziehung mit Gott auch Opfer verlangt, entweder als ein ‘Bitte’ um oder ‘Danke’ – eine Bitte um etwas besseres, und ein Danke für etwas besseres. Nun ist es aber so, daβ sich das Verständnis von Opfer durch die Zeiten dann doch wandelt.  Zunächst gibt es Brandopfer, doch später wird das Opfer dann als etwas verstanden, was mehr vom Menschen verlangt, nämlich wahre Hingabe.  Im Buch Micha, um Beispiel, hören wir, daβ ein wahres Opfer für Gott darin besteht, ”Gottes Wort zu halten, Liebe zu üben und demütig zu sein vor Gott.”. Und dann ist da natürlich Jesu vollkommenes Opfer am Kreuz.

Im heutigen Evangelium geht es um dieses Opfer. Seit zwei Wochen haben wir nun Evangelien des Johannes gehört, in denen es um Jesus, das Brot des Lebens, geht. Dieses Brot des Lebens stillt all unseren Hunger und all unsere Bedürfnisse; es gibt uns Leben, das über einfaches Überleben weit hinausgeht. In unserem heutigen Evangelium geht es erneut um Jesus, das Brot des Lebens, doch wird es nun etwas unangenhemer: auf einmal erklärt Jesus, daβ dieses Brot sein Fleisch ist. Ich denke, es fällt uns leicht, das Brot des Lebens eher symbolisch zu verstehen. Doch daran erinnert zu werden, daβ Jesus Christus uns sein Fleisch anbietet, ist dann doch schon hart und etwas unheimlich.  Das heutige Evangelium erinnert uns daran, daβ das Brot des Lebens teuer bezahlt wird, nämlich mit dem Opfertod Jesu am Kreuz.  Deshalb sagt er, dieses Brot ist mein Fleisch, das das ich geben werde für das Leben der Welt. Es wird deutlich, daβ Jesus sich selbst freiwillig hingibt, sein Leben, um deinetwillen und meinetwillen und aller willen.

Nun hat dieses Opfer Christi für uns Folgen, und wir haben von diesen Folgen in der heutigen Epistel aus dem Epheserbrief gelesen.  Ja, Christus hat das vollkommene Opfer am Kreuz gebracht, doch wir immer noch von uns verlangt, daβ wir widerum unser Opfer bringen.  In der heutigen Epistel schreibt Paulus an die Epheser: ‘Gebt acht, wie ihr einander behandelt. Benutzt eure Worte mit Vorsicht. Imitiert Christus: Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als ein Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.’

 Also erinnert Paulus die Gemeinde in Ephesus daran, daβ unser ganzes Leben ein Opfer für Gott sein soll. So imitieren wir Christus. Jesus Christus gab sein Leben dahin für etwas besseres – für das Heil der gesamten Welt – und wir widerum geben Gott unser gesamtes Leben, unsere gesamte Existenz. Und zwar nicht al sein ‘Bitte’, sondern als ein “Dankeschön’; nicht, um etwas von Gott zu bekommen, sondern um unsere Wertschätzung für all das Gute,das wir erhalten haben, auszudrücken.  Denn wir haben bereits das ‘bessere Teil’ erhalten: Liebe und Gnade und Erbarmen und das ewige Leben.

Und natürlich tun die Opfer, die wir bringen, häufig weh, und wenn auch nur ein biβchen. Etwas von dem Geld, das Gott uns anvertraut hat, aufzugeben, so daβ Ärmeren geholfen wird oder auch unsere Kirche weiter unterhalten wird, fällt so manchem schwer. Unseren Lebensstil zu ändern, so daβ wir wahrhaftig Christus in all dem widerspiegeln was wir tun und sagen, ist schwer. All die Dinge loszulassen, die unser Leben vollstopfen, so daβ Gottes Geist anstelle einziehen kann, fällt schwer. Doch müssen wir uns immer wieder daran erinnern, daβ wir bereits das viel bessere Teil erhalten haben.  Wir sind in Kinder Gottes verwandelt worden – und nun sind wir dran, auch als solche zu leben und zu handeln.

Maddys Mutter sagte: “Meine Tochter wurde geopfert, doch ist sie nicht vergeblich gestorben. Soviel Gutes geschieht durch ihren Tod.” Das Opfer des Lebens dieses kleinen Mädchens darf nicht vergeblich sein. Hoffentlich geschieht irgendein Wandel zum Besseren in unserer Gesellschaft. geht. Hoffentlich wird dem Leiden psychisch Kranker mehr Beachtung geschenkt, und hoffentlich wird es in Zukunft mehr und bessere Hilfe für sie geben. Und natürlich wird solch ein Wandel auch uns noch Opfer abverlangen – mehr Verständnis, und vielleicht auch finanzielle Opfer. Ohne unser Opfer – das Opfer der Gesellschaft – ist das Opfer Maddys vergeblich gewesen.

Es ist nicht zu leugnen, daβ viel Gutes durch den Tod Jesu Christi geschehen ist. Doch müssen wir auch in Zukunft unsere Opfer bringen – alles, was wir haben, und alles,was wir sind – um Christus und sein vollkommenes Opfer mit der Welt zu teilen – und damit auch zu verkündigen, daβ sein Opfer nicht vergebens gewesen ist.