Predigt zu Markus 1, 29-39; 5. Sonntag nach Epiphanias; 8. Februar 2015

hands

“Trust the Midas touch.” “Vertrau dem Midas Touch/der Midas Berührung”.  Dies ist der Werbeslogen einer Kette von Autowerkstätten.  Und zunächst einmal klingt das ganz gut, oder?  Die Berührung von Midas ist eine besondere Berührung, ein magisches Anfassen.  Und gemäß der griechischen Sage vom König Midas, alles, was er berührt, wird zu – Gold! Und so denken wir vielleicht, der Midas Touch ist super, und ich würde die Mechaniker dieser Kette gerne mein Auto warten lassen.

Donald Trump hat ein Buch geschrieben: Midas Touch: Why Some Entrepreneurs Get Rich-And Why Most Don’t.  Interessanterweise ist dieses Buch nicht ins deutsche übersetzt worden, aber der Titel könnte wohl so heißen: Die Midas Berührung – warum manche Unternehmer reich werden – and die meisten nicht”.  Und Trump nimmt die Idee des Mythos von König Midas aus der Antike auf, und er stellt die These auf, daß manche halt diesen magischen Touch haben, vielleicht schon von Geburt an, and die meisten, so wie Sie und ich, eben nicht.

Es scheint doch so zu sein, daß der Midas Touch, die Midas Berührung, als etwas erstrebenswertes angesehen in dieser Gesellschaft angesehen wird. Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten diese Gabe, und alles, was Sie berührten, würde zu Gold!  Ich muß schon sagen, es wäre schon verführerisch, wie König Midas zu sein, nur für einen Tag!  Welch finanziellen Probleme und Engpässe könnte man lösen, wie z.B. die Haushaltsprobleme hier in der Matthäusgemeinde (und in kurzer Zeit werden wir auch mehr davon hören). Und, ach, wie wäre es schön, wenn ich mir nicht den Kopf darüber zerbrechen müßte, wie ich die College Ausbildung meiner Kinder finanziere.

Ich denke, ich bin wohl nicht die einzige, die denkt, ach, mit nur etwas mehr Geld ginge es mir besser. Aber dieser Gedanke ist wahrscheinlich eine Illusion. Denn wir als Menschen haben die Tendenz, immer etwas mehr zu wollen.  Wie bekommen, was wir wollen, und dann denken wir, ach, und dann wäre es doch nett, wenn ich das nächste Ding, oder etwas mehr von jenem hätte. Dies ist im Grunde genommen Habsucht, und es hat schon seinen Grund, warum Habsucht in der katholischen Tradition als eine der 7 Todsünden angesehen wird.

Und dann ist der Midas Touch ja auch nicht ganz ungefährlich.  ALLES, was Midas berührt, wird zu Gold.  Als er seine Tochter berührt, wird sie zu einer leblosen Statue.  Und letztlich verhungert Midas jämmerlich, weil jedes bißchen Essen, das er anrührt, auch zu Gold wird.  Und was erst wie ein Segen aussieht, entpuppt sich dann als Fluch.

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann erinnere ich mich an eine andere Art magischer Berührung. Als ich noch klein war und ich mir wehtat, dann berührte meine Mutter oder meine Großmutter sanft die  den schmerzenden Körperteil, das Knie, den Finger, den Kopf, und sagten: „Und nun die Zauberpuste.“ Und dann blies meine Mama oder meine Oma dreimal auf das Aua, und der Schmerz wurde sofort viel besser, und manchmal verschwand er gar.

Ich erinnere mich an einen ziemlich schlimmen Unfall mit dem Fahrrad, den ich hatte, als ich 6 war; meine Nase war gebrochen, und mein ganzes Gesicht von Wunden übersӓt.  Und selbst dann wirkte die magische (und sehr vorsichtige!) Berührung, und die Zauberpuste, und die Fahrt zur Notfallaufnahme im Krankenhaus wurde so sehr viel ertrӓglicher.

Und ich glaube so sehr an die Magie, die ich in meiner Kindheit erfahren habe, daβ ich dann als Mutter selbst dieselbe Magie anwandte.  Als meine Kinder noch klein waren und sich wehtaten, benutzte auch ich die magische Berührung und die Zauberpuste, eins, zwei, drei.  Und es wirkte immer!  Und ich weiβ, daβ ich diesen Zauber auch benutzen werde, wenn ich dereinst Enkelkinder habe. Aber was ist das Geheimnis dieses Zaubers?  Es gibt natürlich keinen wissenschaftlichen Beweis für die physische Wirksamkeit der magischen Berührung und der Zauberpuste. Aber ich denke, daβ der Zauber im Mitgefühl steckt, in Liebe und Fürsorge. Es scheint, als wӓre allein der Zuspruch – ich bin bei dir, und ich weiβ, daβ du Schmerzen hast, ich will nicht, daβ du leidest – daβ dies allein bereits den Heilprozess in Gang setzt, und sei es auch nur die Heilung der Seele.

Ich frage mich manchmal, was so besonders an Jesu magischer, heilender Berührung war. Im heutigen Eavngelium hӧren wir, wie Jesus die Schwiegermutter des Petrus mit einer Berührung heilte. Und sobald sich die Nachricht über diese wundersame Heilung in Kapernaum ausbreitete, so hӧren wir, kommen ganze Scharen aus dem Ort zum Haus des Petrus, und Jesus heilt viele, die krank oder besessen sind. Da gibt es soviel Schmerz, soviel Leid, und solch ein Bedürfnis nach Heilung!

Und hier passiert wahrscheinlich mehr als nur eine rein physische Heilung. Erinnern Sie sich noch an das Evangelium von der letzten Woche?  Jesus heilt einen Mann mit einem unreinen Geist in der Synagoge.  Niemandem war von jüdischen Gesetz her erlaubt, diesen Mann zu berühren.  In der Begegnung mit Jesus erfӓhrt der Besessene unerwartetes Mitgefühl, Liebe und Fürsorge anstelle von Furcht und Ablehnung. Darüber hinaus kann der geheilte Besessene dann auch nach seiner Heilung wieder am Leben in der Gemeinde, in der Gemeinschaft, teilhaben.

Und etwas ganz ӓhnliches geschieht, als Jesus die Schwiegermutter des Petrus heilt. Erneut verstӧβt Jesus gegen alle Regeln.  Erstens ist der Sabbath noch nicht vorbei, und Heilen, wie jede Art Arbeit am Sabbath, ist verboten.  Zweitens ist es keinem Mann erlaubt, mit einer Frau Umgang zu haben, die nicht seine Ehefrau oder ein Mitglied seiner Familie ist, geschweige denn eine Frau sogar anfassen. Die Schwiegermutter des Patrus erfӓhrt also ganz ungehӧriges und somit unerwartetes Mitgefühl, Liebe, und Fürsorge. Darüber hinaus wird sie mit der Heilung wieder fӓhig, ihre Rolle, ihre Ehrenrolle als Vorstand des Haushaltes wieder einzunehmen, und sie hat so die Ehre, ihren besonderen Gӓste zu dienen.

Und ich nehme an, daβ all jene, die zu Jesus kommen, um geheilt zu werden, mehr erfahren als rein kӧrperliche Heilung – denn nomalerweise wird alles Kranke vermieden wie die Pest. Aber Jesus vermeidet niemanden, keiner wird ignoriert oder weggeschickt. Jesus berührt und heilt geduldig alle, die zu ihm kommen. Und ein Teil des Zaubers, ein Teil des Wunders der Berührung Jesu liegt in Gottes wahrhaftigem Mitgefühl für alle Kinder Gottes, die leiden. In der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, lesen wir, daβ alle von der Gegenwart Gottes berührt werden, und daβ Gott alle Trӓnen hӧchstpersӧnlich abwischen wird, und Leiden und Trauer enden werden, dereinst, im neuen Jerusalem. Diese wunderbare Vision wird in der magischen, wundersamen Berührung Jesu bereits wahr.

Nun haben Sie vielleicht schon einmal die Worte gehӧrt, daβ Gott keine anderen Hӓnde als die unseren hat. Wir mӧgen uns manchmal danach sehnen, den Midas Touch zu haben; doch der Jesus Touch ist viel wichtiger in einer Welt, in der es soviel Leiden und soviel Schmerz gibt. Immer, wenn wir jemanden berühren – und das heiβt nicht unbedingt, daβ wir jemanden physisch berühren, es gibt auch andere Arten und Weisen, jemanden zu berühren – immer, wenn wir jemanden berühren mit Mitgefühl und Liebe und Fürsorge, dann ist die Wahrscheinlichkeit groβ, daβ Leiden gelindert wird. We haben natürlich nicht die Fӓhigkeit, magisch alle physischen, psychischen, oder emotionalen Leiden zu heilen; nein, dies überlassen wir dann doch lieber Gott, oder Ärzten, Krankenpflegern und –pflegerinnen, und Therapeuten. Aber der Zuspruch: Ich bin bei dir, ich weiβ, daβ du Schmerzen hast, und ich will nicht, daβ du leidest – kann eventuell den Heilungsprozess einleiten, zumindest die Heilung der Seele.

Und dies ist wahrhaft ein Segen. Gott ist bei uns.  Gott will nicht, daβ wir leiden.  Gott will, daβ wir heil sind.

Und so mӧchte ich Sie nun einladen, eine besondere Berührung zu erfahren – nicht den Midas Touch, sondern den Jesus Touch, soweit wir diesen mit unseren Hӓnden erwirken kӧnnen. Erika und ich werden an zwei Gebetsstationen sein, eine hier vorne, eine hinten im Gottesdienstraum. Sie kӧnnen zum Gebet und, wenn Sie mӧchten, eine Berührung und einen Segen, kommen. Wenn Sie mit jemandem an Ihrem Platz beten mӧchten, dann lassen Sie dies bitte unseren Küster wissen. Und, sollten Sie so vom Heiligen Geist bewegt werden, kӧnnen Sie auch gerne selbst für jemanden beten und diese Person anrühren.

Also: kommt!  Denn Gott ist mit allen, die gebrochenen Herzens sind, und heilt all ihre Gebrechen. Amen