Vor 15 Jahren wurde ich in hier in der Matthäusgemeinde ordiniert. Ich hatte lange auf den Tag hingearbeitet, da ich erst in Deutschland meine theologische und pastorale Ausbildung machte, aber dann mit meiner jungen Familie nach San Francisco zog. Hier musste ich dann noch einige Jahre warten und Auflagen erfüllen, bevor ich dann endlich ordiniert wurde.

Ich war am Tag der Ordination sehr aufgeregt. Endlich wurde mein Wunsch, ordinierte Pastorin zu sein, erfüllt. Und ich erwartet ein Hochgefühl während des Ordinationsgottesdienstes.

Dann war es endlich soweit, und der Bischof und alle anwesenden PastorInnen legten mir zum Segen die Hände auf. Und das war gar nicht wie erwartet: den auf einmal spürte ich die Wucht und Schwere dieser Hände, und ich fragte mich: Ist das, was mich nun als Pastorin erwartet? Worauf habe ich mich eingelassen?

Jesus spricht, kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; den ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihre Ruhe finden für eure Seelen.

Klingt wie ein Widerspruch: ich will euch erquicken, und dann: nehmt mein Joch auf euch. Was ist es den nun, Jesus? Doch Jesus hat so die Angewohnheit, uns zum Nachdenken zu zwingen. Nichts ist je so einfach, wie es scheint.

Die Idee vom Joch mag uns nicht behagen, denn in unserer Zeit sind wir, individuell und als Gesellschaft, ja doch eher darauf aus, komfortable, unabhängig und frei zu leben. Ich will unabhängig von anderen sein, aber will dann auch, daβ andere nicht auf mich angewiesen sind. Sollen sich alle doch so um sich selbst kümmern, wie ich mich um mich selbst kümmere.

Aber wenn wir ehrlich mit uns sind, müssen wir eingestehen, daβ wir nie wirklich unabhängig und frei sind, es sei den, wir leben als einsiedlerische Jägerinnen und Sammler irgendwo in der Wildnis. Und selbst dann sind wir noch darauf angewiesen, dass Gottes Schöpfung uns irgendwie gibt, was wir zum Leben brauchen.

Wenn wir zusammenleben, als Gemeinschaft, als Gesellschaft, dann sind wir auch aufeinander angewiesen. Das nennt sich ‘Interdependenz’. Wir genieβen die Frucht der Arbeit anderer – und dann müssen auch wir das beitragen, was wir eben beitragen können. Wir dienen einander. Idealerweise tragen alle nach ihrer Fӓhigkeit zum Ganzen bei. Klingt vielleicht utopisch – oder auch wie das Himmelreich.

Und so tragen wire in Joch auf unseren Schultern, ob wir wollen oder nicht. Aber denken Sie mal über die Funktion eines Joches nach: ein Ochse z.B. trägt das Joch, so daβ sich die Last, die er ziehen oder tragen muss, gleichmäβiger verteilt. Ein Joch macht die Arbeit einfacher. Das sanfte Joch, von dem Jesus redet, ist ein Joch, das gut passt.  Es macht uns unsere Arbeit und den Dienst am Nächsten leichter.

Vor 15 Jahren fühlte ich das Gewicht und die Verantwortung, die ich als Pastorin tragen würde, auf meinen Schultern. Und seitdem hat es auch viele schwere Momente gegeben, gerade im Zusammenhang mit der Begleitung von Sterbenden und Trauernden. Aber dann gab es auch all die leichten Momente: Taufen und wunderbare Gottesdienste, z.B. Den Genuβ wunderschöner Musik, so wir heute.

Und auch in den schweren Momenten erlebte ich Gnade und Segen: den Menschen kamen zusammen, um das Schwere gemeinsam zu tragen. In solchen Momenten habe ich Christus erlebt.

Ich muss schon sagen, das Joch, das Christus mir auferlegt hat, passt ganz gut.  Und dann redet Jesus ja nicht nur vom Joch, sondern auch davon, dass wir unsere Last auf ihn abwälzen können. Ich trage die Last nicht alleine.

Meine Hoffnung für uns alle ist, daβ wir die Interdependenz, in der wir leben, akzeptieren; daβ wir die Dienste anderer mit Dankbarkeit annehmen und unseren Teil freudig tun. Daβ wir das Geschenk des Joches Jesu als etwas erfahren, das uns hilft, in dieser Welt unseren Dienst am Nächsten zu tun. Und dass wir nie vergessen, daβ wir eben nicht die Last der Welt schleppen – auch wenn es sich manchmal so anfühlt – sondern daβ Christus alle Last und alle Sünde der Welt auf sich genommen hat. Wir können alles auf Christus abwälzen – und er wird uns erquicken.