Gast Pastorin Carola Scherf (Lübeck/Deutschland) – Predigt zu Johannes 6,56-69 und Psalm 34:15-22; 14. Sonntag nach Trinitatis – 23. August 2015

Carola Scherf

 

Liebe Gemeinde, das ist jetzt eine echte Herausforderung für mich. Hier zu stehen als Pastorin aus Deutschland, nach fast 4 Wochen Praktikum in der St.-Matthäus-Gemeinde. In Ihrer Gemeinde.

Und jetzt möchte ich natürlich etwas sagen, mit dem Sie wirklich etwas anfangen können.

Wie kann ich das jetzt also machen, dass das Evangelium für Sie tatsächlich „Futter“ hat, wie man das in Deutschland sagt. Dass es fast so wird wie Brot, das Gehalt hat und satt macht?

Jesus benutzt ein ähnliches Bild in der Bibel: Ich bin das Brot des Lebens. Sagt er

Und wir sollen heute auch etwas mit nach Hause nehmen, das stärkt und satt macht wie ein richtig gutes, schweres deutsches Brot. Etwas, das nicht so ist wie Zuckerwatte. Ganz nett, aber auch gleich schon wieder weg, sobald es auf der Zunge ist.

Meine Erfahrung ist: So ein richtig volles, warmes, sattes Gefühl geben mir die Worte der Bibel nur, wenn sie mich persönlich ansprechen. Wenn sie also mein Inneres erreichen. Wenn ich sie verinnerlichen kann.

Das ist vielleicht so ähnlich wie Jesus das vorhin im Evangelium gesagt hat: „Iss mich und trink mich.“ So in der Art sagt er das. Ich muss Jesus also förmlich verschlingen. Ihn mit Haut und Haaren, Fleisch und Blut ganz verinnerlichen.

Dann hat er mich persönlich mit seiner Botschaft in meinem Inneren erreicht und macht mich stark.

Okay. Wie kommen wir jetzt also zu dieser inneren Stärke und Kraft für unser Leben?

Ich habe in den letzten 4 Wochen viele von Ihnen kennengelernt und manche Gespräche geführt. Und ich habe viel gelernt, als ich Pastor Kerstin bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen durfte.

Und das, was mich dabei sehr beeindruckt, ist vor allem die innere Kraft, mit der die meisten von Ihnen ihren Lebensweg bis jetzt gegangen sind.

Es gibt in der Gemeindearbeit eine Methode, die beschreibt den Lebensweg eines Menschen, seine Biografie, wie eine Landschaft.

Da gibt es Berge und Täler. Wüsten und Flüsse, steinige Wege und grüne Wiesen mit wunderschönen Pflanzen.

Wie sieht wohl die Landschaft Ihres Lebens aus?

Die Bibel hat diese Landschaftsbilder für das Leben auch. Wir haben gerade den Psalm 84 gebetet. Da geht es um Menschen, die Gott für ihre Stärke halten, die aus Gott ihre Kraft ziehen. Von diesen Menschen wird gesagt:

Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, / wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.

Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion. Heißt es.

Das könnte tatsächlich auch den Weg von manchen von Ihnen beschreiben.

Bei manchen Gemeindemitgliedern war die Biografie wie eine Reise. Über verschiedene Stationen – manche in anderen Ländern, manche nicht immer einfach – sind sie hier in San Francisco angekommen.

Das erfordert viel Mut, das Vertraute hinter sich zu lassen, Engpässe in Kauf zu nehmen und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Und es braucht auch Kraft. Besonders dann, wenn nicht alles so läuft, wie ich mir das vorgestellt habe, und ich Rückschläge einstecken muss.

Aber auch andere Herausforderungen im Leben können durch Durstrecken führen und über Höhen und Tiefen.

Wie viele Menschen haben Sie schon loslassen müssen und Ihren Weg ohne sie weiter gehen müssen?

Wie oft wussten Sie nicht, wie es weiter geht? Wie sie ein Hindernis überwinden können? Und die Sackgassen?! Haben Sie gezählt, wie oft Sie umkehren und neu versuchen mussten?

Wer sagt, dass es einfach ist, auf Gottes Erdboden zu wandern?

Und doch gibt es da diese schönen Momente: Es geht nach einem langen tiefen Tal wieder bergauf und ich komme auf einer Höhe des Lebens an.

Es wird wird hoffentlich auch in Kalifornien der Tag kommen, wenn es nach langer Trockenheit anfängt zu regnen. Und dann wird es um Sie herum nur so sprießen und grünen und blühen. So ist das im Leben auch manchmal. Das wissen Sie aus Erfahrung. Da, wo alles vertrocknet und kraftlos war, entsteht neues Leben. Neue Lebenskraft.

Die Bibel erzählt etwas über die Quelle für diese Kraft:

Wohl den Menschen, die Gott für ihre Stärke halten und ihm von Herzen nachwandeln! Sie gehen von einer Kraft zur andern. Heißt es.

Der Mensch, der uns diese Gebetsworte aus dem Psalm hinterlassen hat, der hat darauf vertraut: Gott begleitet uns im Leben auf unseren Wegen.

Wenn ich darauf vertrauen kann, und mich davon leiten lassen kann, dann wird auch ein dürres, trockenes Tal in meiner Lebenslandschaft irgendwann ein Quellgrund und ein Segen.

Und so gibt Gott letztendlich die Kraft, die es braucht, den eigenen Weg zu machen und auch die schwierigen Strecken zu überwinden.

Woher kommt also diese Kraft? Ich glaube, sie ist oft näher als wir glauben. Diese gute Lebenskraft liegt in uns selber. Sie kommt einfach aus dem Vertrauen, dass Gott bei mir ist. Dass meine Wege nicht umsonst sind. Und dass sie ein gutes Ziel haben. So wie die Wege von manchen hier nach San Francisco geführt haben. Einem neunen Zuhause.

Wie ist das, wenn Sie auf Ihren Lebensweg zurückschauen? Erkennen Sie die Stationen, in denen Sie sich gesagt haben: Okay. Ich kann zwar fast nicht mehr. Aber es muss einfach weitergehen. Ich vertraue jetzt darauf, dass ich da rauskomme. Dass ich weiter komme.

Vielleicht war das nicht bewusst. Aber an diesen Stellen sind Sie mit Gott mitgegangen. Aus Vertrauen. Das haben Sie in dem Moment irgendwoher aus Ihrem Innern geschöpft. „Ich schaffe das. Ich habe Vertrauen.“

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen diese gute Erfahrung in Ihrem Leben immer wieder begegnen wird. “Ich habe Vertrauen.“ Und dass diese Erfahrung Ihnen Kraft geben wird.

Wie gutes, deutsches und sättigendes Brot.