„Zu der Zeit kam Johannes der Tӓufer und predigte in der Wüste von Judӓa und sprach: Tut Buβe, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Da ging zu ihm hinaus Jerusalem und ganz Judӓa und das ganze Land am Jordan und lieβ sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden. Als er nun viele Pharisӓer und Sadduzӓer sah zu seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffende Frucht der Buβe! Denkt nicht nur, dass ihr bei euch sagen könnt: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken. Es ist schon die Axt den Bӓumen an die Wurzel gelegt. Darum: Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Ich taufe euch mit Wasser zur Buβe; der aber nach mir kommt, ist stӓrker als ich, und ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.‘“ Matthӓus 3, 1-2, 5-11

So ziemlich jede Religion, die es gibt, kennt ein Ritual, bei dem Wasser verwendet wird. Die Menschen wissen: Wasser macht sauber. Wasser wӓscht den Schmutz und den Schweiβ des (tӓglichen) Lebens ab. Wasser erfrischt uns und kann dazu führen, daβ wir uns wie neugeboren fühlen.

Also ist es nicht überaschend, daβ Glaubenstraditionen rituelle Waschungen und Bӓder vorsehen und die Reinigung auch in einem symbolischen Sinne verstehen: die Unreinheiten des Körpers und der Seele werden durch das Eintauchen in heiliges Wasser abgewaschen. Die gereinigte Person ist wiederhergestellt und erneuert. Judaismus, Islam, Hinduismus, Buddhismus und Religionen der ‘Native Americans’ (und viele andere Religionen) haben solche Reinigungsrituale – und wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, so empfehle ich Ihnen https://en.wikipedia.org/wiki/Ritual_purification

Johannes der Tӓufer erfindet kein neues Ritual, als er Büβer im Jordan tauft. Im Judaismus gab es ein rituelles Hӓndewaschen vor Mahlzeiten und Gebeten, und auch das volle Untertauchen in ‘natürlichen’ Gewӓssern (wie Flüssen und Seen, oder auch den sogenannten ‘Mikvahs’, Becken, die das Regenwasser auffangen). Das Untertauchen wurde von den Glӓubigen verlangt, die sich nach den mosaischen Gesetzen irgendwie rituell verunreinigt hatten (z.B. nach der Menstruation oder Geburt). Die Reinigung ermöglicht es einer Person, wieder am Gottesdienst und am gemeinschaftlichen Leben wieder teilzuhaben. Das Verhӓltnis zu Gott ist wiederhergestellt.

Johannes übernimmt die jüdische Sitte des Untertauchens in natürlichen, in lebendigen Gewӓssern. Doch was neu und auch radikal an der Taufe des Johannes ist, ist, daβ dieses rituelle Bad nicht nur einzelne Verunreinigungen ‘abwӓscht‘ – nein, Johannes ruft zur Buβe auf, und die bezieht die gesamte menschliche Existenz mit ein. Bei der Taufe des Johannes geht es um eine erneuerte Existenz, eine erneuerte Beziehung zu Gott, da sich die Büβenden auf das Kommen des Himmelreiches vorbereiten.

Nun bleiben einige Fragen bezüglich der Taufe des Johannes ungeklӓrt: war seine Taufe ein einmaliges Ritual, oder wurde es wiederholt? Was waren die praktischen Konsequenzen dieser Taufe und Erneuerung?

Was wir wissen, ist, daβ Jesus von Johannes im Jordan getauft wurde. Theologen streiten sich immer noch darüber, warum Jesus dieses Ritual der Buβe und der Erneuerung über sich ergehen lieβ. Warum hatte Jesus das nötig? Doch was wir in der Taufe Jesu erkennen, ist, daβ für den Sohn Gottes ein neuer Lebensabschnitt begann: als Jesus aus den Wassern emporsteigt, kommt Gottes Heiliger Geist auf ihn herab, und Gott erklӓrt ihn zu einem geliebten Kind. Nach ca. 30 Jahren in relative Obskuritӓt verkörpert Jesus nun das Himmelreich, das nahe herbeigekommen ist, indem er liebt, heilt, lehrt, vergibt und die Beziehung zwischen Gott und Mensch wiederherstellt.

Die Taufe des Johannes war ein Vorlӓufer zu dem Ritual, das die junge christliche Gemeinde dann praktizieren würde: die einmalige Taufe, die nicht nur die Reinigung der menschlichen Seele symbolisierte, sondern auch die radikale Neuheit eines Lebens in Gott betonte. Der Apostel Paulus konnte gat von der ‘Ertrӓnkung’ (Luther sagte ‘Ersӓufens’) des alten Adams, also dem Tod unserer alten, sündhaften, Existenz sprechen, da wir dann aus den Wassern in ein neues Leben auferstehen. In dieser Taufe sind wir ein für allemal von Gottes Gnaden angenommen und werden als Gottes Kinder erklӓrt. Dieses Taufwasser ist wahrlich das lebendige Wasser, das un sein neues Leben schenkt und unsere Existenz verwandelt. Nicht, daβ wir nach der Taufe absolut frei von Fehler und Sünde sind – doch die Liebe und Gnade, die Gott in unsere Herzen gieβt, flieβt über in die Welt, und diese Liebe verkündigt, das, wahrlich, Gottes liebevolles und friendvolles Himmelreich nahe herbeigekommen ist und schon mitten unter uns hervorbricht.

 

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